freiräume werden erkämpft und nicht erbettelt ! |
freiräume sind grundlegende bedürfnisse eines jeden menschen. neo-liberale wirtschaftsysteme sind jedoch auf normierung und verfügbarkeit des individuums angewiesen. nur das in eine schablone gepresste und damit jederzeit und allerorts austauschbare individuum taugt als reibungsloses zahnrad im gefüge und ist als arbeiterIn und konsumentIn größtmöglich verwertbar. wenn staatliche kontrolle immer mehr zunimmt, müssen wir unsere freiräume verteidigen. kontrolle und überwachung stellen anpassung und verfügbarkeit sicher. um diese großflächig möglich zu machen, werden bedürfnisse und ängste einerseits geschürt und andererseits künstlich aufgebaut. so kann der staat einschränkungen umsetzen, die sonst als eingriff in die persönliche freiheit wahrgenommen würden. auf den verschiedensten ebenen dringt kontrolle und überwachung bis in die letzten winkel unseres lebens ein.
raus aus der kontrolle - für individuelle handlungsfreiheit
kontrolle und überwachung durch ordnungamt und ausgrenzung: wenn die durchsetzung von sauberkeit und ordnung zum zentralem problem aufgebaut und „stadtverschönerung“ zum lebensnotwendigen umstand gemacht wird, werden kiezbullen und verteibung von „anstößigen elementen“ aus dem stadtbild zur scheinbaren notwendigkeit. anstößig ist hier jedoch nichts anderes als wir alle, wenn wir im park unser bier trinken, die überhöhten mieten nicht mehr zahlen können/wollen und nicht ausreichend konsumfreudig oder-fähig sind. kontrolle und überwachung durch arbeitszwang und sozialabbau: immer mehr bereiche unseres lebens werden rein marktwirtschaftlich organisiert. der druck sich innerhalb der gesellschaft zu behaupten, sich anzupassen und der norm zu entsprechen steigt und läßt immer weniger raum, sich mit anderem wie politik oder der eigenen lebensperspektive zu beschäftigen. sei es die konstruierte angst vor dem abstieg des einzelnen auf der sozialen leiter oder dem abstieg eines wirtschaftstandortes deutschland – maßnahmen wie hartz IV sind zugleich symptom und instrument zum schüren von unsicherheiten. sie zwingen uns in immer unerträglichere arbeitsverhältnisse und dienen zugleich mit ihrer auswertung riesiger datenmengen über die betroffenen einer immer weiter gehenden kontrolle des individums bis hin zu seinen wohnverhältnissen, sozialen beziehungen oder seinem konsumverhalten. kontrolle und überwachung durch „sicherheits“gesetze und datenerfassung: diffuse bedrohungen wahlweise von „außen“ – oft verknüpft mit rassistischen stereotypen – oder von „innen“ – festgemacht an abweichendem verhalten, das kriminalisiert wird (obdachlosogkeit, drogenkonsum...) - rechtfertigen immer größere eingriffe in die persönlichen freiheitsrechte. ob die forderung nach dna diagnostik auch bei kleinstdelikten wie ladendiebstahl, der neue ausweis mit seiner erfassung biometrischer merkmale, kameras auf öffentlichen plätzen, der lauschangriff und die dokumentation von demos auf video – im zentrum steht nicht, ob eine reale bedrohung von irgendwem oder irgendwas tatsächlich besteht, sondern einzig und allein die größtmögliche erfassung des/der einzelnen. die neuen formen der kontrolle sind subtiler und unsichtbarer geworden. statt uns auf direktem wege zu zwingen, bringen sie uns dazu, anderen nützliche normen und werte, ziele und zwecke als eigene anzunehmen und unser verhalten mehr und mehr anzupassen. so soll ein möglichst reibungsloser funktionsanlauf gewährleistet werden. schluß mit kontrolle und überwachung! für mehr freiräume und unkontrollierte bewegung! der freiraum einer/eines jeden einzelnen darf nicht dort zu ende sein, wo der staat es für nützlich hält, sondern erst dort, wo er andere menschen beeinträchtigt. die herrschende politik reduziert freiräume immer mehr auf die letzten scheinbar noch privaten nischen – dorthin wo unser gesellschaftlicher einfluss, unsere möglichkeit dinge zu verändern und mitzugestalten gleich null ist. wir wollen keinen rückzug in nischen, wir wollen öffentliche freiräume! wir wollen alternativen und keine nischen! besetzte häuser, kollektive wohnprojekte, wagenburgen, frauenhäuser und selbstverwaltete jugend- und kulturzentren sind orte, an denen wir zumindest versuchen können, so zu leben, wie wir wollen. hier experimentieren wir damit, was es heißt, den wunsch eines herrschaftsfreien, solidarischen miteinanders umzusetzen und aus der vereinzelung und isolation in der bestehenden gesellschaft auszubrechen. nichtkommerzielle kneipen, volxküchen, umsonstläden bieten eine alternative zum allgegenwärtigen konsumzwang und erlauben es auch menschen ohne viel kohle, sich bestimmte bedürfnisse wenigstens teilweise zu erfüllen. natürlich haben auch linke freiräume zunächst eine wichtige funktion als rückzugs- und schutzraum. sie bieten uns einen gewissen schutz vor rassistischen, faschistischen und sexistischen verhaltensweisen und übergriffen. sie sind ein rückzugsraum, in dem wir uns frei bewegen können, ohne vor solchen angriffen angst haben zu müssen und ohne aufgrund von nationalität, geschlecht oder sozialem status gemobbt, verfolgt, entrechtet und eingesperrt zu werden. sie sind orte, an denen wir uns sammeln und ausruhen können, um all dem wieder entgegentreten zu können. wir wollen aber mehr als das: unsere freiräume sollen alternativen und keine privaten nischen sein! wir wollen sie nutzen, um zu zeigen, dass es auch anders geht und erproben, in welcher form das möglich ist. wir wollen alternativen zur marktwirtschaftlichen organisation von allem und jedem anbieten und formen eines herrschaftsfreien miteinanders entwickeln. natürlich stoßen wir in der umsetzung auch immer wieder an unsere eigenen grenzen, reproduzieren häufig das, was wir kritisieren oder reiben uns am eigenen anspruch. frei-raum zu haben heißt noch nicht gleich frei zu sein. doch nur hier können wir erproben und ausprobieren, uns weiterentwickeln und strategien entwerfen. was wir hier lernen, können wir wieder in die gesellschaft hineintragen und impulse für all jene geben, die nach alternativen suchen - denn ohne alternativen denken zu können, ist sozialer wandel nicht möglich. linke freiräume sind deshalb basis und grundlegende struktur für unsere politischen kämpfe um emanzipation und für eine bessere welt für alle. dass uns dieser staat solche räume weder schenkt noch freiwillig überlässt, sollte klar sein. und so sind freiräume nicht nur die basis politischer kämpfe, sondern zugleich ein ergebnis erfolgreicher auseinandersetzungen.
freiräme werden erkämpft und nicht erbettelt!
selbstbestimmte freiräume wurden von den herrschenden schon immer als gefährlich, widerständig und das system destabilisierend erkannt und sind seit ihrem bestehen staatlicher represssion ausgesetzt. die aktuellen auseinandersetzungen um das alternative wohnprojekt yorck59, die rigaer94, die offene uni berlin, den umsonstladen in der brunnen183, den wagenplatz schwarzer kanal in berlin, um das ernst-kirchner haus in wien und all die anderen in ihrer existenz bedrohten projekte sind nichts anderes als EIN symptom des allgegenwärtigen zugriffs des staates auf unsere freie lebensgestaltung und ein selbstbestimmtes leben. ob im park rumhängende punx von kiezbullen belästigt werden, die alg II empfängerin ihre kontobewegungen für sich behalten will oder der sprayer andere vorstellungen von stadtverschönerung hat – wir alle kämpfen um einen letzten rest von freiraum, um die luft, die wir zum atmen brauchen. unsere vorstellungen von dem, was wir als unseren freiraum empfinden mag voneinander abweichen und wir wollen ihn vielleicht vollkommen unterschiedlich gestalten - bei gegenseitigem respekt und toleranz bietet eine vielfältige gesellschaft die unterschiedlichsten perspektiven. wenn wir heute für den erhalt und ausbau von linken projekten und freiräumen auf die strasse gehen, dann geht es uns nicht allein um den erhalt unserer eigenen strukturen und räume. unser kampf ist nur ein teil des kampfes gegen allgegenwärtige gesellschaftliche normierung und staatliche kontrolle. wir sehen uns in zusammenhang mit allen, die sich noch ein leben außerhalb der vorgeschriebenen uniformierung, allgegenwärtiger kontrolle und kapitalistischer verwertungslogik vorstellen können. wir rufen deshalb alle, die in einer bunten, vielfältigen statt grauen gesellschaft leben wollen, auf, sich an unserem widerstand zu beteiligen. wir müssen uns gegenseitig unterstützen, um uns das recht auf unkontrollierte bewegung zu erkämpfen. wenn die obdachlose aus der einkaufspassage vertrieben wird, wenn der nicht deutsch aussehende von den bullen kontrolliert oder jugendliche von öffentlichen plätzen vertrieben werden geht uns das alle an. schaut nicht weg, greift ein! nehmt nicht hin, sondern wehrt euch! nur gemeinsam können wir diesem system die stirn bieten und uns das recht auf freiraum nehmen – allein machen sie dich ein! wir werden um das recht auf freiräume nicht betteln, sondern sie uns nehmen – aktiv und offensiv! wir werden uns freiräume als notwendige widerstandsstrukturen immer wieder und an allen orten erkämpfen und das erkämpfte mit allen uns zur verfügung stehenden mitteln erhalten. wenn sie uns die luft zum atmen nehmen, soll ihre luft brennen!« freiräume verteidigen und neue erkämpfen!« schafft mehr kontrollverluste und unkontrollierte bewegung!« für die soziale revolution – weltweit! UnterstützerInnen: PiRat (Projekt- und Initiativenrat), Offene Uni Berlins (OUBS), Hausprojekt Yorckstr. 59, Bauwagenplatz Schwarzer Kanal, Scharnweberstr. 38, Schnarup-Thumby, XB-Liebig, Rigaerstr. 94 und weitere. Mehr Infos unter: http://www.squat.net/pirat,Kontakt: piratberlin@web.de
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