Kassels BauwagenbewohnerInnen prüfen


Heute, am 29. 1. 05, wird die Uhr um fast vier Monate zurückgedreht.

Am 3. 10. 04 hatten die Bauwägler ihr Grundstück am Hafen notgedrungen verlassen, um aktiv nach einem neuen Platz zu suchen. Die Lebensumstände auf dem alten Gelände waren durch die Anfeindungen des Nachbarn unerträglich geworden, und die Stadt Kassel war ihrem Auftrag aus dem Jahr 2003, einen geeigneten Platz für die Bauwagenbewohner zu finden, nicht nachgekommen.

Die Bauwagenbewohner entschlossen sich daher, eigenverantwortlich ein Grundstück im Stadtteil Helleböhn - Süsterfeld zu prüfen, das aus folgenden Gründen als geeignet erschien und erscheint: - es gibt keine direkten Anwohner und - das Grundstück soll laut eines Beschlusses der Stadt aus dem Landschaftsschutzgebiet herausgenommen werden.

Man setzte die Wägen in Bewegung. Die erste Prüfung des Geländes verlief außerordentlich erfreulich. Die Bauwägler boten ein zehntägiges Kulturprogramm, es wurden erste Anwohnerkontakte hergestellt, das Klima war friedlich.

Aus dieser Position heraus wurde erneut das Gespräch mit mit der Stadt Kassel gesucht. Das Grundstück in Helleböhn war nicht das erste, das die Bauwägler der Stadt zur Prüfung vorgelegt hatten. Bis dato waren schon 40 potenzielle Flächen von ihnen vorgeschlagen, von der Stadt geprüft und verworfen worden. Doch auch das Grundstück in Helleböhn wurde aus unterschiedlichsten Gründen abgelehnt, die zum Teil offensichtlich fadenscheinig waren. Deutlich wurde vor allem, dass man das eigenständige Handeln nicht billigte.

Es begannen inoffizielle Gespräche zwischen Stadt und Bauwagenbewohnern, in denen ein Grundstücksvorschlag in der Nordstadt Kassels auf den Tisch kam. Dieser Platz sollte den Bauwäglern angeboten werden, wenn sie freiwillig auf ein Übergangsgelände übersiedeln würden. Als Übergangsplatz für die Zeit der Verhandlungen hielt die Stadt Kassel den Landfahrerplatz für geeignet. Dieser undurchdachte Plan war zum Scheiter Trotz der geäußerten Bedenken seitens der Bauwägler wurden weder die Landfahrer, noch der Stadtteilrat der Nordstadt in die Verhandlungen mit einbezogen. Die geheimen Gespräche waren schnell nicht mehr geheim, das Vorhaben sickerte durch. Wie erwartet kam es zu heftigen Unmutsäußerungen. Die Stadt versicherte den Landfahrern beschwichtigend, dass die Ausnahmesituation auf maximal vier Wochen begrenzt sei, das Grundstück in der Nordstadt verschwand schnell in der Versenkung.

Die folgenden Monate verliefen unspektakulär. Die Bauwägen standen auf dem Landfahrerplatz, die Stadt Rang ein Weilchen nach einer neuen Lösung, die Wellen verebbten, das Problem schien in einen Dornröschenschlaf zu fallen.

Ein neues Jahr begann und die Oberbürgermeisterwahlen rückten näher; man hatte anderes im Kopf. Der konsequenteste Weg aus der Misere schien den Bauwäglern, die Zeit ein paar Monate zurückzudrehen und dort anzusetzen,wo die Geschichte aus dem Ruder gelaufen war: auf dem Platz in Helleböhn-Süsterfeld in der Nähe des Tierfriedhofes an der Brüder- Grimm- Straße.

Heute Morgen um acht Uhr sind die ersten Wägen auf das

Gelände gerollt. Auf ein Neues!

[squat!net]


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