Reden statt Räumen


Viele Bremer Politiker sind für eine gütliche Einigung im Streit um das besetzte Haus in der Parkallee 5: "Wenn da friedliche Besetzer kommen, die selbst der Denkmalschützer verstehen kann, dann ist da ein Missstand", sagt der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Hermann Kleen: "Da muss man reden." Bisher sei es in Bremen üblich gewesen, besetzte Häuser entweder binnen 24 Stunden zu räumen oder aber den Weg des Eigentümers durch die gerichtlichen Instanzen hindurch abzuwarten. "Das fand ich eigentlich ganz vernünftig", sagt Kleen. Das Haus in der Parkallee ist seit Samstag besetzt.

Der innenpolitische Sprecher der CDU, Rolf Herderhorst, betonte, dass die Absichten des Eigentümers auf jeden Fall berücksichtigt werden müssten. Über seinen Anwalt hatte dieser die BesetzerInnen gestern aufgefordert, das Haus bis 17 Uhr zu verlassen. Ob es tatsächlich zu einer Räumung kommt, ist bislang unklar.

Herderhorst hält auch Gespräche mit den Besetzern für möglich: "Es muss nicht immer gleich die Polizei auffahren."

Die Hausbesetzer kritisieren nicht nur den Abriss des knapp hundert Jahre alten Gebäudes. Sie beklagen auch, dass es in Bremen kaum günstigen Wohnraum gebe, der auch "für andere Wohnformen als die klassische Familie" geeignet sei. "Das ist ein Signal, mit dem man sich auseinandersetzen muss", findet die baupolitische Sprecherin der Grünen, Karin Krusche. Ihr Anliegen wollten die BesetzerInnen bereits am Dienstag in der Bürgerschaft zur Sprache bringen. Doch der Zutritt zum Parlament blieb ihnen verwehrt. "Ich habe nicht bemerkt, dass die hier waren", sagt Herderhorst. Die BesetzerInnen bekräftigten gestern: "Wir wollen mit der Politik gemeinsam unsere Forderungen umsetzen."

"Ich würde es natürlich begrüßen, wenn man so ein Gebäude erhalten könnte", sagt Grünen-Abgeordnete Krusche. Weil das Haus in der Parkallee in privatem Besitz sei, schätzt sie die Chancen dafür allerdings gering ein. Ihr Kollege Carsten Sieling von der SPD sieht das ähnlich: "Es sei denn, es findet sich ein Käufer, der das Haus erhalten will." Darauf hoffen inzwischen auch die BesetzerInnen. Einen konkreten Interessenten dafür hätten sie bereits an der Hand. "Es ging uns nie darum, hier mietfrei zu wohnen", stellt Besetzer Holger klar.

Der bisherige Besitzer hat allerdings klargestellt, dass mögliche andere Käufer sich an die Weser Wohnbau GmbH wenden sollten, die das Gebäude bereits vertraglich erworben habe. Der Übergabe des Hauses an die Wohnungsbaugesellschaft stünden die BesetzerInnen im Weg.

Bremens oberster Denkmalschützer Georg Skalecki stellt indessen klar: "Ich finde es gut, wenn man den Verbrauch an alter Bausubstanz kritisch sieht und die Finger in die Wunde legt." Die Aktion der Okkupanten hält er jedoch nicht für legitim. "Ich habe kein Herz für Hausbesetzer", betont Skalecki. Prinzipiell hält der Denkmalschützer das Parkallee-Viertel für wertvoll genug, um es mit einer Erhaltungssatzung zu schützen - wie von den Grünen gefordert. Aber: "Es gibt noch mehr solcher Ecken in Bremen - da muss man auswählen."

taz Bremen Nr. 6682 vom 21.2.2002, Seite 21, 45 Zeilen (TAZ-Bericht), hoi


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