Bericht zur Besetzung der Alpeneggstrasse 9 und der Schwarztorstrasse 55 in Bern (Schweiz) |
Denn für eine so grosse Gruppe ist es heute ein Ding der Unmöglichkeit geworden, billigen Wohnraum zu finden. Dann eben besetzen.
Die heutige Gesellschaft versucht, aus allem, was ihr gehört (oder auch nicht) so viel Geld als möglich aus zu saugen. Und dies alles so schnell, billig und hinterlistig als nur irgendwie möglich. Das Recht auf Eigentum gilt heute als wichtiges Grundrecht und wird dementsprechend beschützt, behegt und gepflegt - alles mit grösster Sorgfalt und wachsenden Sicherheitssystemen.
Aber was ist mit dem Recht auf Wohnen?, fragten wir uns. Gibt's das denn nicht mehr ? Stille.
Egal. Auf jeden Fall packten wir es am Kragen und schüttelten (oder assen) es so lange bis es (für uns) existierte. Ganz simpel gesagt: Wir nahmen es uns einfach. Punkt.
eben...
Die Sitzungen begannen, regelmässiger zu werden und es wurde konkreter...
Schliesslich kam es am 30.11.01 zu unserer ersten Besetzung. Wir zogen mit Heizung(!), Schlafsack und Zahnbürste in unser neues Zuhause ein. Es war ein harter Anfang, im Winter anzufangen. Aber trotzdem. Wir waren uns einig: Besetzen ist geil.
Leider mussten wir die Liebefeldstrasse 61/63 bereits nach 10 Tagen wieder verlassen. Noch vor den Bauferien wurden die Fenster, Türen und sanitären Anlagen herausgerissen, das Oel abgepumpt, und die Teppiche entfernt - alles mit dem Ziel, das Haus so schnell als möglich unbewohnbar zu machen. Wir sahen die besprayten und be"täg"ten Wände.Erinnerungen. Wieder einmal wurde ein billiger Wohnraum zerstört. Bäume wurden gefällt. Nichts mehr mit idyllischem Garten. Alles wurde kurz und klein gehackt. Stattdessen stand ein grosser, hässlicher Bagger im Garten, der es nicht mehr war. Es war nur noch ein Schlachtfeld. Seufz.
Es gab eine längere Pause vor der nächsten Besetzung. Nachdenken. Suchen. Finden. Diskutieren. Und dann: Besetzen.
Am 3.1.02 war es endlich wieder soweit. Wir besetzten die Alpeneggstrasse 9, die sich unmittelbar in der Nähe der Reitschule befindet. Eine kleine Villa mit Wintergarten. Schick, aber der Eigentümer und besonders die Verwaltung liess nicht so einfach mit sich verhandeln. Aber wir waren (und sind) nicht so einfach von unseren Plänen abzuhalten. Fast hätte uns der Eigentümer erlaubt, eine Woche dort zu wohnen. Sein Anwalt brachte ihn aber schnell wieder zur Vernunft. Mit dem billigen Vorwand, das Haus sei unbewohnbar, weil evt. Wasserleitungen sprengen könnten und es Wasserschäden geben könnte, wurde uns ein Ultimatum für Freitag 18 Uhr gestellt. Schon um 15:30 Uhr des selben Tages zogen wir in unser jetziges Zuhause, der Schwarztorstrasse 55 ein. Dort hatten wir mehr Erfolg. Die Eigentümerin, Schweizerische Eidgenossenschaft, erklärte sich bereit, uns das Bürogebäude als Zwischennutzung zu übergeben. Es ist (wahrscheinlich) das erste Mal, dass ein Haus vom Bund besetzt wird und es sogar zu Vertragsverhandlungen kommt. Nebenkosten wie Heizung, Strom und Wasser übernimmt der Bund. Genial.
Zurzeit sind wir damit beschäftigt Dinge wie Matratzen und Kochtöpfe in das 7-stöckige Gebäude zu schleppen - mit der Hoffnung, die Bauarbeiten würden sich noch etwas verzögern. So, jetzt aber genug getippt. Und nach Hause an die Schwarztorstrasse. Aber subito. Mal schaun wer alles zuhaus ist.
Noch etwas:
Illusion.
Illusion?
Selber herausfinden.
Basta.
vom BesetzerInnenkollektiv Alpeneggstrasse