Assassini, Assassini - Demonstration gegen den Natoeinsatz in Rom
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Auch in Rom fand heute, 27. März 1999, um 16.00 Uhr eine Demonstration gegen die Natoangriffe auf Yugoslawien
statt. Die Demo, zu der die römischen Centri Sociali und die Cobas (commitato di base) aufgerufen haben, verlief
anfangs sehr ruhig. Etwa 3000 Menschen gingen von der Piazza Esedra zur Piazza Venezia, "Assassini, Assassini"
(Mörder, Mörder) skandierend, und die üblichen Reden haltend, Transparente, etc. Auf dem Weg wurde ein
"amerikanischer" Pub angegriffen, Werbung vom Planet Hollywood unter Applaus der Demonstranten zerstört. Die
Polizei, für deutsche Verhältnisse eher gering vertreten, hielt sich zurück. Auf der Piazza Venezia änderte sich die
etwas verschlafene Stimmung dann schlagartig: Die Polizia schießt Tränengas auf die Menschen und versucht, sie
unter Einsatz von Schlägen auseinanderzutreiben. Der Grund: Einige Menschen hatten versucht, in die in der Via delle
Botteghe Scure gelegenen Sitz der DS (Democratici di Sinistra) einzudringen. Die DS stellt die größte Fraktion im
Parlament und den Präsidenten des Consiglio di Stato, Massimo d'Alema (in D-Land dem Kanzler vergleichbar). Sie
ist hauptverantwortlich für die Entscheidung, daß Italien in den Krieg gegen Yugoslawien getreten ist. Die Stimmung
schlägt um, die Menschen versuchen, sich gegen die Polizei zu wehren. Es kommt zu Stein- und Flaschenwürfen, und
die Verkehrbeschilderung wird übermaß benutzt. Die Polizei setzt ihre Angriffe auf die Menschen fort, die sich
langsam zurückziehen, nicht ohne ihr Widerstand entgegenzustellen. Es kommt zu Straßenschlachten, so daß sich die
Staatsgewalt zeitweilig zurückziehen muß. In der Via dei SS. Apostoli werden Barrikaden aus Mültonnen, Cafetischen
und dazwischengeworfenen Motorini errichtet. Eine kurze Zeit hindern die Barrikaden die Polizei daran, weiter auf die
Menschen zu schlagen. Auf der Flucht durch die engen Gassen Roms wird ein Polizeiauto fachmännisch entglast, die
beiden Polizisten bringen sich gerade noch in Sicherheit vor den aufgebrachten Menschen. Der Sitz der Forza Italia
Berlusconis hatte vorausgedacht: Trotz einer enormen Kreativität gelingt es den Menschen nicht, auch hier
professionell zu entglasen, das Panzerglas hielt Stock und Stein stand. Anders erging es dem Planet Hollywood.
Dieses mußte seine Schaufenster und die Auslagen einbüßen, und eine neue Leuchtschrift werden sie sich wohl auch
wieder zulegen müssen. Einem ziemlich doof guckendem Publikum blieben die Hamburger im Hals stecken. Nachdem
die Via Barberini noch mit Motorini und Mülltonnen gepflastert wurde, zogen sich die Menschen vor der jetzt massiv
heraufziehenden blauen Gefahr in die Metro zurück. Die Polizia konnte zwar noch auf einige eindreschen, und sie ließ
es sich auch nicht nehmen, Tränengas in die U-Bahn zu schiessen, es scheinen sich aber alle den Händen des Staates
entzogen haben zu können.
Im Radio wird am Abend von 3 Verhaftungen und 4 Verletzten gesprochen. Trotz der Verletzten und der Verhaftungen
ist der Nachmittag des 27. März ein kleiner, aber gelunger Versuch gewesen, dem Staat widerstand zu leisten und ihn
anzugreifen. Es war ein beeindruckender Augenblick, als die Polizei vor den Menschen flüchtete. Für einen kurzen
Augenblick waren wir nicht mehr die Gejagten, für einen kurzen Augenblick realisierten wir, was an eine Wand
gesprüht wurde: "Non prendete il caffe, prendete il potere!"
Fotos und Texte zur Demo findet ihr bei der Tactical Media Crew!
[squat!net]
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