Demo in Heidelberg


Unser Haus könnt ihr zerstören - Unsere Ideen nicht!

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Endgültiges Aus fürs AZ?

Am 01.02.1999 ist das Autonome Zentrum Heidelberg (AZ) an die Stadt übergeben worden. An diesem Tag lief nämlich der auf öffentlichen Druck hin zweimal verlängerte Anwaltsvergleich zwischen AZ und Stadtverwaltung endgültig aus. Bereits unmittelbar nach der anstandslos erfolgten Schlüsselübergabe durch AZ-Vertreter an den Leiter des Liegenschaftsamtes begannen die Abrißarbeiten. Nun will die neue Besitzerin, die Gesellschaft für Grund- und Hausbesitz (GGH), auf dem Areal, auf dem sich das AZ bisher befunden hat, Tiefgaragen, überteuerten Wohnraum und Einkaufspassagen für konsumfreudige Bevölkerungsschichten entstehen lassen.

Das AZ aber hat noch keine neuen Räumlichkeiten! Aus diesem Grund führen wir heute eine bundesweite Demonstration durch. Wir wollen mit dieser Demo unseren entschlossenen Kampf für ein neues, gleichwertiges AZ zum Ausdruck bringen!

Das Autonome Zentrum Heidelberg war ein nahezu acht Jahre existierender Treffpunkt für eine Vielzahl politisch und kulturell arbeitender Gruppen und Einzelpersonen. Seit Mai 1991 hatte es sich bis Anfang 1999 zu einem festen Bestandteil der gewachsenen Kultur Heidelbergs entwickelt, der für ganz viele Menschen nicht mehr wegzudenken ist.

An diesem linken Veranstaltungsort fanden nicht nur größere und kleinere Discos, Konzerte, Informationsabende, Lesungen, Theateraufführungen statt; hier gab es auch Werkstätten (z. B. Gustavs Fahrradwerkstatt), ein Fotolabor, Probe-/Gruppenräume, Workshops, das Café Tabula Rasa, einen Kinosaal, die FrauenLesben-Etage Mafalda, einen Sportraum, die UnheilBar und vieles mehr.

Das AZ war kollektiv organisiert und funktionierte auf nicht-kommerzieller Basis: alle sich in diesem selbstverwalteten Gebäude engagierenden Menschen arbeiteten ehrenamtlich, und die Erlöse aus den zahlreichen Veranstaltungen kamen sozialen und politischen Projekten zugute.

Im AZ fand einmal monatlich die einzige FrauenLesben-Disco ganz Heidelbergs statt; außerdem trafen sich dreimal wöchentlich zahlreiche Menschen bei der Volksküche zum Selbstkostenpreis von 2 -3 Mark; und im Infoladen Moskito konnten - anderswo kaum erhältliche - linke Zeitschriften und Bücher gekauft/geliehen werden.

Öffentlichkeitswirksame Aktionen

Um zu verhindern, daß die BetreiberInnen des Autonomen Zentrums nach dem Abriß des jetzigen Gebäudes ohne neues, gleichwertiges Gebäude dastehen, haben sie - zusammen mit vielen anderen UnterstützerInnen und SympathisantInnen - seit über zwei Jahren durch öffentlichkeitswirksame Aktionen immer wieder auf die Situation des AZs aufmerksam gemacht. Mit dieser ganzen Kampagne, die mehrere Höhepunkte hatte - zwei bundesweite Demonstrationen, OB-Wahlkampf mit Plattmann, eine "LOVE your az PARADE", diverse Infostände, Agit-Prop-Veranstaltungen und Spontandemos -, sollte vor allem eines erreicht werden: von der Stadt ein offizielles und verbindliches Angebot adäquater Ersatzräume zu erhalten.

Auch die Aktionen verschiedener anderer Gruppen (z. B. des Komitees "Kein Tag ohne Autonomes Zentrum") haben für großes Aufsehen und für weiteren Druck auf die Stadt gesorgt: Zu erwähnen wären die Besetzung des Alten Waisenhauses in der Plöck im Oktober 1997, die Party-Besetzung des Alten Hallenbades im November 1998, die kurzzeitige Besetzung des Römerkreises im Dezember 1998 und die Besetzung des ehemaligen Bahnausbesserungswerkes am Wieblinger Ochsenkopf im Januar 1999.

Obwohl Oberbürgermeisterin Beate Weber und VertreterInnen der Stadtverwaltung mehrmals versprochen hatten, "keine Räumung des Autonomen Zentrums ohne gleichwertigen Ersatz" zuzulassen, ist es seit 1996 aber nur bei unverbindlichen Vertröstungen geblieben.

Es gibt nach wie vor kein diskutables Angebot!

Während sich das AZ stets gesprächsbereit zeigte und die Stadt immer wieder zu Verhandlungen aufforderte, ist es aufgrund der ablehnenden Haltung der Stadt bisher nur äußerst selten dazu gekommen. Und wenn doch, dann meistens nur mit mäßigem Erfolg: Auch das am 26.11.1998 geführte, zweistündige Gespräch zwischen dem persönlichen Referenten der OB, dem Leiter des Liegenschaftsamtes und vier Vertretern des AZs hat keine fruchtbaren Ergebnisse hinsichtlich eines konkreten Gebäudeangebots gebracht.

Und auf das erneute Gesprächsangebot, das am 14.12.1998 im Rathaus eingegangen ist, hat die Oberbürgermeisterin Beate Weber mit einem Brief reagiert, in dem sie sich und die Stadt Heidelberg durch die verzerrende, teilweise falsche Darstellung des derzeitigen Verhandlungsstandes in ein gutes Licht zu rücken versucht.

Trotz der Existenz mehrerer ZeugInnen, die genau das Gegenteil bestätigen können, behauptet sie darin unter anderem, daß niemals versprochen worden sei, "die Räume in der Alten Bergheimer Straße 7a am 31. Januar 1999 nur dann verlassen [zu müssen], wenn Ersatzräume von der Stadt zur Verfügung gestellt würden". Obwohl das ohnehin indiskutable Projekt "Schlierbacher Bahnhof" - durch welches das AZ in einen Vorort Heidelbergs abgedrängt werden sollte! -, durch Indiskretion in der Stadtverwaltung bereits zum Scheitern verurteilt war, bevor das AZ überhaupt davon erfahren hatte, geht sie darin noch einmal darauf ein, indem sie sich damit brüstet, dem AZ "im vergangenen Jahr ein städtisches Gebäude in Schlierbach angeboten" zu haben, das dann abgelehnt worden sei. Erst am

26.01.1999, also gerade sechs (!) Tage vor der Abgabe des alten Gebäudes, hat es - auf öffentlichen Druck hin - ein direktes Gespräch zwischen der Oberbürgermeisterin und drei AZ-Vertretern gegeben, bei dem von Seiten der Stadt ein erneutes Mal nichts als heiße Luft verströmt wurde. Denn mittlerweile ist bekannt geworden, daß es - entgegen den Aussagen von Beate Weber - mehrere Gebäudeeigentümer gegeben hat/gibt, die zu einer Vermietung ihrer Räumlichkeiten an das AZ durchaus bereit gewesen wären/sind. Und nicht nur das:

Mit ihrer überflüssigen Machtdemonstration am Tag der AZ-Übergabe, als keine zehn Minuten danach der Abrißbagger anrückte, haben die Stadt und ihre Verwaltung gezeigt, daß ihr einziger Vorschlag zur Lösung des Raumproblems in dreister Provokation besteht. Genauso wie am 04.02., als bei der städtischen Begehung eines aussichtsreichen Ersatzobjekts für das Autonome Zentrum auf Anordnung Beate Webers hin weder die Vertreter des AZs noch Mitglieder des Heidelberger Gemeinderates teilnehmen durften.

Keine Räumung ohne gleichwertigen Ersatz!

Die BetreiberInnen des Autonomen Zentrums haben es satt, sich von der Stadt hinhalten zu lassen. Sie haben es satt, sich von der Stadt solange "befrieden" zu lassen, bis sie wirklich keine Aussicht mehr auf neue Räumlichkeiten haben. Sie haben es satt, sich immer und immer wieder mit Repressionsmaßnahmen oder völlig überflüssigen Machtdemonstrationen konfrontieren lassen zu müssen.

Aufgrund des obengenannten Briefes der Stadt, der in jüngster Zeit verstärkten Repressionen gegen AZ-AktivistInnen, des zynischen OB-Aufrufs zur "Besonnenheit", der provokativen Inszenierung städtischer Macht am AZ-Übergabetermin und des Begehungs-Debakels zeigt sich eindeutig, daß die Stadt dem Autonomen Zentrum inzwischen den Krieg erklärt hat und an einer Konfliktlösung nicht interessiert zu sein scheint!

Doch das wird sich keineR der zahlreichen AZ-SympathisantInnen so einfach gefallen lassen.

Daher steht fest, daß der vielfältige Widerstand gegen eine ersatzlose Räumung des Autonomen Zentrums solange aufrechterhalten wird, bis es von Seiten der Stadt ein offizielles und verbindliches Angebot gibt - oder anderweitig Ersatz gefunden werden konnte!

Deshalb findet heute - also zu einem Zeitpunkt, an dem es schon gar kein AZ mehr gibt -, eine bundesweite Demonstration für ein neues, selbstverwaltetes Zentrum in Heidelberg statt. Eine Demonstration, die durch ihren geschlossenen, kämpferischen Charakter noch einmal verdeutlichen soll, daß es in Heidelberg auch weiterhin ein Gebäude für freie Gegenkultur und linke Politik von unten geben muß.

Es liegt an Euch allen - ganz gleich, ob Ihr das AZ als Partyraum, Treffpunkt oder politischen Freiraum wichtig gefunden habt -, heute für ein neues Autonomes Zentrum in Heidelberg auf die Straße zu gehen.

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Zeigen wir der Stadt, daß wir ohne AZ keine Ruhe geben!

Für ein neues, gleichwertiges Ersatzgebäude!

Freie Kultur und Widerstand lassen sich nicht vertreiben!

Autonomes Zentrum Heidelberg


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