Unbefugte Hausnutzung in Lichtenberg bleibt friedlich

Eine Gruppe Jugendlicher hat gestern das ehemalige Finanzamt Lichtenberg besetzt. Nach Verhandlung mit dem PDS-Bezirksbürgermeister wollen sie heute das Haus wieder verlassen


Ganz wie in alten Tagen hat gestern eine Gruppe Jugendlicher in der Lichtenberger Magdalenenstraße ein Haus besetzt. Transparente mit Sprüchen wie "Kein Gott, kein Staat, kein Mietvertrag" hängen an der grauen Fassade des leerstehenden Hauses. Vermummte Gestalten blicken aus den Fensterhöhlen. Vor dem Haus steht ein Dutzend Polizeibusse, hinter dem Haus das dazugehörige Personal.Bild: Hausbesetzung in Lichtenberg

Dennoch bleiben sowohl die Parolen der Besetzer als auch das schnell aufgefahrene Polizeiaufgebot ohne weitere Folgen. Die Besetzer kündigten nach Gesprächen mit dem PDS-Bezirksbürgermeister Wolfram Friedersdorff einen friedlichen Rückzug für heute morgen an.

Gegen 10 Uhr hatte gestern eine Handvoll Jugendlicher eine Fensterscheibe eingeschlagen und war in das Haus eingestiegen. Die Forderung der Besetzer ist klar: Statt das bezirkseigene Haus leer stehen zu lassen, sollte es in einem selbstverwalteten Projekt als Wohnhaus saniert werden. Ein selbstbestimmtes Wohnprojekt mit einem Jugendcafé fordern die Besetzer für die Magdalenenstraße 17. Denn seitdem das Lichtenberger Finanzamt hier vor zwei Jahren auszog, ist das Haus verwaist. Gegen elf Uhr öffnete sich die verbarrikadierte Tür. Bezirksbürgermeister Wolfram Friedersdorff wurde zu Gesprächen hereingelassen. Nach einer guten Stunde verließ der Bürgermeister das Haus wieder, die Hausbesetzer blieben - vorerst. Friedersdorffs Erklärung überraschte: "Wir haben uns darauf geeinigt, daß das keine Hausbesetzung, sondern eine unbefugte Nutzung der Räume ist." Heute morgen um 8 Uhr wollen die Besetzer das Haus freiwillig räumen.

Denn das Haus in der Magdalenenstraße 17 ist, wie Friedersdorff erklärte, schon für ein Sozialprojekt vorgesehen. Hier soll "Undine" einziehen, ein Projekt für obdachlose Mädchen und Frauen. Seit gut einem halben Jahr verhandelt der Bezirk mit der Projektleitung. Bis Mitte März soll entschieden werden, ob "Undine" tatsächlich in der Magdalenenstraße einziehen wird.

Im Haus waren die Besetzer darüber enttäuscht, daß sie sich das falsche Gebäude ausgesucht hatten. "Wir hatten keine Ahnung, daß hier so ein Projekt einziehen soll." Die Luft war raus, von der Rebellion nur noch wenig übrig. Genauso wie später beim kurzen Wortwechsel zwischen Hof und Fenster, oben die Besetzer, unten der Hausmeister. "Im obersten Stockwerk bitte nicht die Wasserhähne benutzen, die sind undicht." Kein Problem, lautete die Antwort, man werde schon aufpassen. Das eingeschlagene Fenster werde ein Handwerker zunageln, kündigte der Hausmeister an. "Das machen wir schon selbst", versicherten die ordentlichen Besetzer.

TAZ-Bericht Ilja Weitzel


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