Opernball in Wien - Steine und Ausschreitungen


Strasser verteidigt Vorgangsweise bei Opernball-Demo - Partik-Pablé möchte Vermummungsverbot - 42 Festgenommene bleiben in Polizeigewahrsam

Wien - Die Zahl der Anti-Opernball-Demonstranten hielt sich in Grenzen, zur befürchteten Auseinandersetzung kam es dennoch. Gegen 21 Uhr begannen etwa 600 teils maskierte Kundgebungsteilnehmer am Schwarzenbergplatz Radau zu machen - erst flogen nur einige Knallkörper und kleine Raketen. Dann aber versuchten einige Personen Absperrgitter der Polizei zu übersteigen, Steine und Farbbeutel wurden geworfen. Eine Auslagenscheibe der Trigon-Bank ging zu Bruch, einige Autos wurden beschädigt, ein Fotograf ging zu Boden.

Mitten drin steckten schließlich zwei Taxis fest, die leicht gegeneinander gefahren waren - im Fonds saßen Ballbesucher. Ein massives Polizeiaufgebot drängte den harten Kern der Demonstranten ab. Die Kundgebung wurde von der Exekutive für aufgelöst erklärt - wegen Sachbeschädigung und Gefährdung der öffentlichen Sicherheit.

"Eine heikle Situation", urteilte zu diesem Zeitpunkt der Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit, Erik Buxbaum, der sich mit Generalinspektor Franz Schnabl am Schwarzenbergplatz eingefunden hatte. Die Polizei erklärt, dass notfalls mit Gewalt geräumt werde.

Ziegelsteine

Zum ersten Versuch kam es wenig später, nachdem bei der Sezession Flaschen Richtung Polizei geflogen, Fenster und Autoscheiben zu Bruch gegangen waren. Einige Demonstranten verschanzten sich beim Getreidemarkt in einer Baustelle der U 2 und schleuderten Ziegelsteine durch die Luft. Für kurze Zeit kam es zu einer regelrechten Straßenschlacht, es gab blutende Verletzte auf beiden Seiten. Mehrere Müllcontainer wurden in Brand gesetzt, die Polizei ließ Wasserwerfer auffahren.

Die Demo teilte sich schließlich, eine Gruppe marschierte durch die Gumpendorferstraße und verschanzte sich dort neuerlich in einer Baustelle, wieder wurde Baumaterial gegen die Polizisten geschleudert. Gegen 23 Uhr kam es in der Margareten Straße im fünften Bezirk zu einer neuerlichen Auseinandersetzung. Dabei gingen Beamte der Wiener Alarmabteilung WEGA auch auf Medienvertreter los. Einem Fotografen, der eine Festnahme gefilmt hatte, wurde angedroht, den Film aus der Kamera zu reißen.

Kurz vor Mitternacht galt die Demonstration als aufgelöst, kleiner Grüppchen wurden jedoch weiter verfolgt. Die Polizei setzte auch heuer wieder die im Vorjahr so umstrittene zivile Eingreifgruppe ein. Die Zahl der Festnahmen wurde von einem Sprecher der Polizei mit "zwanzig und ein paar zerquetschte" angegeben.

Polizei spricht von internationaler Beteiligung

Wie die Polizei am Freitag in einer Aussendung mitteilte, befinden sich unter den insgesamt 42 Festgenommenen drei deutsche Staatsbürger und zwei US-Amerikaner.

Ihnen und den 37 Österreichern wird eine ganze Reihe von Delikten - unter anderem Landfriedensbruch, schwere Sachbeschädigung, schwere Körperverletzung sowie Widerstand gegen die Staatsgewalt vorgeworfen. 17 Beamte wurden laut Polizei meist leicht verletzt, Auslagenscheiben, Autos - darunter auch Dienstwagen der Polizei - Müllcontainer und U-Bahnstationen beschädigt.

Häupl übt Kritik an den Ausschreitungen

Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl (S) verurteilte am Freitag die Ausschreitungen bei der Opernball-Demonstration "auf das Schärfste". "In Wien darf kein Platz für Gewalt auf der Straße sein", betonte Häupl.

"Wenn Pflastersteine fliegen, Container brennen und Auslagen eingeschlagen werden, ist das eine glatte Verletzung des Demonstrationsrechtes, die in keiner Weise zu tolerieren ist", unterstrich Häupl. Gleichzeitig dankte er der Polizei für ihren "besonnenen Einsatz" und übermittelte den verletzten Beamten seine Genesungswünsche.

Petrovic gegen Ausschreitungen

"Die Grünen verurteilen die Ausschreitungen seitens einzelner gewalttätiger Provokateure, die die ansonsten friedliche Opernball-Demonstration in Misskredit gezogen haben, aufs Schärfste", erklärte die stellvertretende Klubobfrau der Grünen, Madeleine Petrovic. Die Abgeordnete betonte aber, dass das Demonstrationsrecht in Österreich gewährleistet sein muss, daher seien auch Kundgebungen gegen den Opernball und die Regierung legitim. "Wem das Demonstrationsrecht wichtig ist, muss sich aber auch gegen Gewaltanwendung wenden", sagte Petrovic.

Die Mandatarin appellierte zudem an die Einsatzkräfte, dass sie auch bei Übergriffen nicht selbst demokratische Grundrechte verletzen und unverhältnismäßige Aktionen setzen. Jenen Polizisten, die während des Einsatzes von den Provokateuren verletzt wurden, drückte Petrovic ihr Mitgefühl aus.

Partik-Pable für Vermummungsverbot

Kritik an den gewalttätigen Ausschreitungen bei der Opernball-Demo kam auch von der Spitzenkandidatin der FPÖ bei der Gemeinderatswahl in Wien, Helene Partik-Pable. Es zeige sich, dass es den Demonstranten nicht darum gehe zu protestieren, wenn "Reiche ihren Ball feiern", sondern es gehe ihnen um die Ausübung von Gewalt und die Schaffung von Unruhe.

Gleichzeitig sprach sich Partik-Pable in einer Aussendung erneut für ein Vermummungsverbot aus. Dadurch könnte jeder Gewalttäter leichter identifiziert werden und er hätte keine Chance mehr, sich feige hinter einer Maske zu verstecken, meinte Partik-Pable.

Strasser: "Unser Weg ist absolut richtig"

Mit den Worten "Unser Weg ist absolut richtig" reagierte Innenminister Ernst Strasser auf die Ausschreitungen am Rande des Wiener Opernballs. Man habe "alles getan, um die Gefährdung für Leib und Leben sowie Sachbeschädigungen hintanzuhalten", sagte Strasser. An eine Einschränkung des Demonstrationsrechtes denkt der Minister nicht.

"Die Sicherheitskräfte sind vollkommen Herr der Situation gewesen", meinte Strasser. Auch seien die rechtlichen Grundlagen in Bezug auf Demonstrationen "ausreichend". Er werde jedenfalls weiterhin nach dem Grundsatz "friedlichen Kundgebungen Ja, Blockaden Nein" vorgehen, sagte der Innenminister.

Obwohl der Großteil der Demonstranten friedlich gewesen sein, hätten sich darunter "leider auch einige gewaltbereite Chaoten" befunden, die ihre Bereitschaft zur Gewalt mit Hilfe von Steinen und Baumaterial zum Ausdruck gebracht hätten. "Aber wir sind sehr konsequent in Übereinstimmung mit den rechtlichen Gegebenheiten vorgegangen", resümierte Strasser.

KPÖ kritisiert Polizei

Kritik am Polizeieinsatz kam hingegen von der Wiener KPÖ. "Ich war direkt vor Ort, als Ecke Schwarzenbergplatz - Kärntner Ring Polizeieinheiten - ohne ersichtlichen Grund - im Laufschritt in die Demonstration stürmten, auf Menschen einprügelten und so Verwirrung und Panik unter den friedlichen DemonstrantInnen auslösten", erklärte KP-Vorsitzende Waltraud Stiefsohn.

Ein Mitarbeiter der KPÖ wurde z.B. schon vor diesem Vorfall vorübergehend arrestiert, da bei einer 'Verkehrskontrolle' ein nicht-typisierter Dachträger an dem von ihm gelenkten Kleinbus beanstandet wurde. Ich bin schon gespannt, unter welchen Terminus die Polizei diese Arrestierung subsummieren wird."

Marek: Von Gewaltbereitschaft überrascht

Die Gewaltbereitschaft der Demonstranten habe die Polizei überrascht, aber nicht unvorbereitet getroffen, sagte der Vizepräsident der Wiener Polizei, Günther Marek, am Freitag bei einer Pressekonferenz. Entgegen ersten Angaben sind bei einer Hausdurchsuchung im autonomen Ernst Kirchweger-Haus (EKH) in Favoriten doch Waffen gefunden worden: Die Beamten stellten so genannten Krähenfüße (Wurfgeschosse aus Nägeln), Steine und eine Schleuder sicher.

Die Polizei verfüge über konkrete Hinweise, dass strafbare Handlungen im Zuge der Opernball-Demo im Kirchweger-Haus vorbereitet worden seien. Täter hätten sich nach den Krawallen dorthin geflüchtet. Der richterliche Hausdurchsuchungsbefehl habe allfällige Haftbefehle inkludiert.

21 Polizisten sind bei den Ausschreitungen verletzt worden. Nach Definition des Strafgesetzbuches handle es sich in allen Fällen um schwere Verletzungen, sagte Marek. Drei Beamte befanden sich vorübergehend in Spitalsbehandlung, wurden mittlerweile aber in häusliche Pflege entlassen.

Alle der 42 Festgenommenen waren am Freitag noch in Polizeigewahrsam. Die Überprüfung der Personendaten hat laut Marek erst begonnen.

Der Standard


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