Heidelberg: AZ-Demo am 26.05.200 |
Der Kampf für ein neues AZ geht weiter! Doch die Hoffnung der Stadt Heidelberg, mit der Zerstörung des Zentrums würde sich auch das „Problem AZ“ lösen, hat sich nicht erfüllt. Stattdessen geht der Kampf für ein neues Gebäude mit zahlreichen Aktionen weiter, zu denen neben den bundesweiten Demos in den beiden vergangenen Jahren auch die „Test-Your-AZ“-Besetzungsparties gehören sowie die Besetzung des früheren Rangierbahnhofs im Februar 2000. Versuche von Seiten des AZ, Verhandlungen mit der Stadtverwaltung zu führen, werden regelmäßig abgeblockt; inzwischen behauptet die OB sogar, das AZ sei freiwillig aus laufenden Verhandlungen ausgestiegen. Entgegen den Angaben der Stadt, es seien keine geeigneten Räumlichkeiten vorhanden, gibt es durchaus Gebäude, die für ein neues AZ in Frage kommen. Zu diesen gehört auch die ehemalige Gaststätte „Hildes Hellebäch‘l“, die sich im Besitz der Stadt befindet und am 22.11.2000 auf Grund von Pachtschulden zwangsgeräumt wurde. Das Autonome Zentrum hat mehrfach Interesse an dem Gebäude gezeigt, und der frühere AZ-Trägerverein hat sich bei der öffentlichen Ausschreibung beworben, ohne allerdings bisher eine Antwort zu erhalten. Zusätzlich fanden in den letzten Monaten in und an der ehemaligen Gaststätte mehrere öffentlichkeitswirksame Aktionen statt, die jeweils von einem enormen Bullenaufgebot begleitet waren. So wurde am Abend vor der Zwangsräumung der bisherigen Pächterin eine AZ-Soliparty in den dortigen Räumen veranstaltet, die am Morgen in ein Besetzungsfrühstück überging. Am 09.12.2000 organisierten AZ-SympathisantInnen in dem jetzt leerstehenden Gebäude eine spontane Volxküche, aus der sich wegen des regen Zulaufs bald eine Test-Your-AZ-Party entwickelte. Angesichts verstärkter öffentlicher Repressionsdrohungen für den Fall eines erneuten Besetzungsversuchs verlagerte die nächste Aktion am 13.01.2001 ihren Schwerpunkt: das „Test Your Playground“ stellte das angrenzende Freizeitgelände in den Mittelpunkt, und mit der anschließenden Spontandemo wurde die Forderung nach einem neuen AZ in die Innenstadt getragen. Trotzdem versucht die Stadt Heidelberg weiterhin, das Problem auszusitzen, indem sie die Forderung, das frühere Versprechen für ein gleichwertiges Ersatzgebäude endlich einzulösen, ignoriert und die AZ-SympathisantInnen zunehmend Repressionen unterwirft.
Bedrohung selbstverwalteter Zentren in Baden-Württemberg Doch auch in anderen Städten Baden-Württembergs zeichnen sich derartige Tendenzen ab: so ähneln sich die städtischen Maßnahmen gegen selbstverwaltete Zentren nicht nur, sondern werden teilweise sogar durch behördliche Absprachen auf den gleichen Stand gebracht. Hintergrund dieses Vorgehens ist der Versuch, Innenstädte oder Städte überhaupt in größerem Rahmen kapitalistischen Vermarktungsstrategien unterzuordnen und sie auf diesem Wege in „Sicherheitszonen“ zu verwandeln. Selbstverwaltete Zentren stören diese Zonen, weil sie in den meisten Fällen Ausdruck kollektiven Widerstandes gegen dahin gehende Umstrukturierungsmaßnahmen sind, und werden von den jeweiligen Stadtverwaltungen zunehmend unter Druck gesetzt, in ihrer Existenz bedroht oder zerstört. Der Aufbau neuer Zentren wird durch eine Vielzahl von Strategien erschwert oder verhindert, die vom Versuch einer Kontrolle durch städtische Institutionen bis hin zu brachialen Repressionen gegenüber den engagierten Initiativen reichen und von Verleumdungskampagnen in den Lokalzeitungen begleitet werden.
Zur Situation selbstverwalteter Zentren in Baden-Württemberg:
Das Mannheimer Jugendzentrum in Selbstverwaltung „Friedrich Dürr“ (JuZ) Das seit nahezu 30 Jahren existierende JuZ Mannheim wurde zwar nicht zerstört, aber aus seiner optimalen innerstädtischen Lage in die Peripherie gedrängt. Zudem haben drastische, v.a. von der CDU durchgeboxte Kürzungen der städtische Zuschüsse mittlerweile dazu geführt, dass der JuZ-Betrieb nur noch unter schlechten Bedingungen aufrecht erhalten werden kann. Allem Anschein nach versucht die Stadt Mannheim, den ohnehin fast ausgetrockneten Geldhahn vollends zuzudrehen, was das Aus bedeuten würde.
Die „Ex-Steffi“ in Karlsruhe Die „Ex-Steffi“ ist ein unabhängiges Wohn- und Kulturprojekt, in dem permanent 20-25 Leute leben. Das jetzige Haus in der Schwarzwaldstraße (bis 1997 in der Stephanienstraße) gehört zum Gelände Hauptbahnhof Süd, das als „Filetstückchen“ der Stadt etabliert werden soll. Einen ersten Vorgeschmack auf die kommende Umstrukturierung stellte der brachiale Polizeieinsatz am 16.12.2000 dar, bei dem direkt an die „Ex-Steffi“ angrenzende Räume unbewohnbar gemacht wurden. Dieser seit Kurzem leerstehende Gebäudeteil war zuvor mehrfach der „Ex-Steffi“ als Erweiterung in Aussicht gestellt worden. Ihre Zerstörungsaktion rechtfertigte die Stadt mit dem Verdacht, die Räume seien besetzt worden, um Wohnraum für kürzlich geräumte HeidelbergerInnen zu schaffen – absurd angesichts der Tatsache, dass das AZ nie bewohnt wurde.
Der „Kulturtreff in Selbstverwaltung“ (KTS) in Freiburg Seit Ende 1998 befindet sich die KTS Freiburg in einem noch teilgenutzten Betriebswerk der Deutschen Bahn – unter anderem Ergebnis mehrerer Besetzungsaktionen. Der KTS bietet Vernetzung und die nötige Infrastruktur für politische Gruppen sowie die Möglichkeit, sich kulturell oder sozial zu betätigen.
Das Autonome Zentrum „Schlauch“ in Pforzheim Genau wie das AZ Heidelberg wurde das bedeutend ältere Schlauch – ersatzlos – dem Erdboden gleichgemacht, obwohl mit zahlreichen öffentlichkeitswirksamen Aktionen und Demos für den Fortbestand gekämpft worden war. Zwar „durften“ Schlauch-AktivistInnen dann noch mögliche Ersatzräume mit der Stadt besichtigen, doch schließlich lehnte der Gemeinderat das potenzielle Gebäude doch ab.
Das „Bedingt Autonome Zentrum“ in Stuttgart Stuttgart hat wieder ein Autonomes Zentrum, allerdings nur „bedingt“, weil es vom Verein „Zentralkultur“ gemietet werden musste. Dementsprechend zählt es nicht zu den größten Zentren, bietet aber verschiedenen Gruppen Räume. Allerdings gibt es auch hier zunehmend Stress mit AnwohnerInnen, insbesondere mit der direkt über dem BAZ wohnenden Vermieterin.
Gegen die Politik der „sauberen Innenstädte“ und den Ausbau des Polizeistaats! Die Politik der Stadtverwaltungen gegenüber den Zentren ist keineswegs ein isoliertes Phänomen, sondern muss im Kontext des Konstrukts der „Inneren Sicherheit“ betrachtet werden, das z.B. mit „Gegen Schmutz und Schmierereien“-Kampagnen auf baden-württembergischer Kommunalebene vorangetrieben wird. Damit soll ein sauberes, konsumorientiertes Stadtbild aufrecht erhalten werden, das frei von störenden Einflüssen durch nicht-verwertbare Bevölkerungsgruppen ist, zu denen beispielsweise MigrantInnen, Obdachlose, Junkies, SprayerInnnen und Punks gezählt werden. Dieses Konzept der „sauberen Innenstädte“, aus denen linke Treffpunkte oder Menschen, die nicht über die entsprechende Kaufkraft verfügen oder als Stadtbild beschmutzende „Schandflecke“ marginalisiert werden, vertrieben werden, wird durch elektronisch gestützte Ausgrenzungstaktiken ergänzt. Mannheim stellt bereits seit geraumer Zeit eine Modellstadt in Sachen (Video-)Überwachung dar, ein Beispiel, dem auch andere Städte in Baden-Württemberg folgen sollen. Die Überwachung öffentlicher Räume, die keineswegs einen Rückgang der Kriminalität, sondern höchstens eine Verlagerung mit sich bringt, wird hauptsächlich zur Verfolgung von Bagatelldelikten und zur Erstellung von Bewegungsprofilen unliebsamer Personen benutzt. Gerechtfertigt wird dieses Vorgehen durch Extrembeispiele wie sexualisierte Gewalt gegen Kinder und konstruierte Bilder der „organisierten Kriminalität“, die von PolitikerInnen, Presse und Polizei herangezogen werden, um die im kapitalistischen Akkumulationsregime bereits vorhandenen Bedrohungsszenarien in der Bevölkerung dramatisierend zu ergänzen. Über gemeinsame Abwehrmaßnahmen gegen „die Anderen“ soll staatliche Überwachung als Teil einer integrierenden „corporate identity“-Strategie eine Symbiose mit dem Denunziationswillen des Großteils der deutschen Bevölkerung eingehen. Diejenigen, die der massive Ausbau des autoritären Polizeistaates erwartungsgemäß als Erste trifft, sind selbstverständlich nicht die an umfassender Sicherheit interessierten BürgerInnen, sondern die oben genannten AußenseiterInnen, zu denen vor allem die ökonomisch unerwünschten Flüchtlinge gehören, die Opfer der staatlichen Instrumente rigoroser Vertreibung, sozialen Ausschlusses und wohlstandschauvinistisch codierter Ausgrenzung werden.
Für ein neues Autonomes Zentrum in Heidelberg! Für den Aufbau und Erhalt selbstverwalteter Zentren in Baden-Württemberg! Gegen die Politik der „Inneren Sicherheit“ und den Ausbau des Polizeistaats!
AIHD
http://www.autonomes-zentrum.org
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