Hausbesetzung in Gelsenkirchen |
Schöner Wohnen, aber ohne Stunk
Drei Jugendliche halten seit Samstag ein baufälliges Haus an der Hohenzollernstraße besetzt. Heute, 12 Uhr, läuft das Ultimatum für die Räumung ab.
Ein geräumiges Haus mit Garten, Platz für viele Freunde und für "Mütze", den Hund - im Moment haben Jörg (18), Björn (22) und Malte (20) alles, was sie sich immer gewünscht haben. Dumm nur: Weder das Haus gehört ihnen, noch der Garten, noch sonst irgendetwas, was das alternative Wohnen für die Twens in Bismarck so attraktiv macht: Die drei sind Hausbesetzer.
Damit gehören sie zu einer Spezies, die seit ca. 20 Jahren als ausgestorben galt. Damals wurden Hausbesetzungen noch als probates Mittel angesehen, sich Wohnraum zu beschaffen, der (angeblich) anders nicht zu kriegen war. Krach mit Vermietern und der Polizei standen damals, etwa in der Erler Auguststraße, auf der Tagesordnung.
Von Krach ist das Trio von der Hohenzollernstraße aber so weit entfernt wie das 21. Jahrhundert von den frühen 80-er Jahren. "Wir wollen keinen Stunk, sondern auf unsere Situation aufmerksam machen", befinden die Jugendliche, die gern als WG leben würden, aber im genormten 75-qm-Wohnungsbau bislang nicht fündig geworden sind. So stiegen sie am Samstag in den leergezogenen, auf Abriss stehenden Backsteinbau neben der alten Schraubenfabrik Hadtstein ein, legten Matratzen aus, schlossen den Kohleofen an und versuchten, es sich gemütlich zu machen. Herzklopfen inklusive. Denn dass das, was hier läuft, nicht rechtens ist, wissen die Jungs. natürlich. "Trotzdem haben wir es riskiert".
Die GGW verwaltet das heruntergekommene Haus und hat sich gestern mit den ungebetenen Gästen kurz geschlossen. "Man hat uns Mietwohnungen als Alternative angeboten", bestätigen die Besetzer, die sich bis heute, 12 Uhr, entschieden haben müssen. Bis dahin muss das verwuselten Paradies geräumt sein, oder die Twens werden selbst geräumt. Das hat die Polizei gestern beim Ortstermin klar gemacht. "Morgen rücken wir wieder ab", hieß es denn auch am Nachmittag beim "Kriegsrat" im Garten. Randale will das Trio der Polizei und der GGW ersparen. Und sich selbst auch. J.B.S. (waz gelsenkirchen, 19.09.00)
[squat!net]