"Das ist nicht mein Haus" |
Der Hintergrund dieser Aktion: Kurz nach der Wende entschlossen sich Jugendliche, das Gebäude im Berliner Szenebezirk zum selbstverwalteten Wohnen zu nutzen und besetzten es. Bereits 1991 schlossen sie Einzelmietverträge ab. Das autonome Projekt war somit legalisiert und halbwegs gesichert. Trotz der Verträge begriff man das Projekt weiterhin als eine große und kollektive Wohnungsgemeinschaft (WG), kein Vergleich zu üblichen Mietshäusern mit separaten "Wohneinheiten". Am 16. Juni 1997 kam es jedoch zu einem Brand im Dachstuhl des Hauses. Die Vermutung Brandstiftung lag nahe. Das Feuer brach an drei Stellen gleichzeitig aus, und es wurden Brandbeschleuniger benutzt. Der damalige Hausverwalter HVG hatte zuvor immer weniger Interesse an einer Zusammenarbeit mit den Bewohnerinnen und Bewohnern gezeigt. Es entstand der Verdacht, daß der Hausverwalter eine Person mit dem Legen des Feuers beauftragt hatte - ein nicht gerade ungewöhlicher Vorgang in Berlin. Die Folge des Brandes für die Bewohnerinnen und Bewohner des Brandes war eine baupolizeiliche Sperrung.
Ein halbes Jahr nach dem Brand fand sich die "Werz & Werz Immobilien OHG" als Interessent und späterer Käufer des Hauses. Werz zeigte über eineinhalb Jahre kein Interesse, die zur Entsperrung notwendigen Reparaturarbeiten durchzführen. Stattdessen zog man es vor, illegal in Wohnungen einzudringen oder Mietverträge anzufechten. Den Bewohnerinnen und Bewohnern war es zu dieser Zeit verboten, ihre Wohnungen zu betreten. Erst im Juli 1999 durften sie wieder in ihr Haus. Die Freude währte nicht lang, denn einer Teilmodernisierung folgte eine Mieterhöhung. Nun war es für einige Mieter schwer, die monatlichen Mehrkosten aufzubringen.
Vor einigen Wochen wurde dem "Vermieter" durch das Bezirksamt die Genehmigung erteilt, das unter Denkmalschutz stehende Gebäude komplett zu sanieren. Damit kündigt sich für die Bewohnerinnen und Bewohner eine fatale Entwicklung an. Neben einer erneuten Mieterhöhung hätte die Komplettsanierung der 19 Einzelwohnungen massive Einschnitte für das Zusammenleben im Haus zur Folge.
Zu ihrem Besuch bei Herrn Werz erklärten die Bewohnerinnen und Bewohner des Hauses, daß es eine Dreistigkeit sei, wenn Behörden und Vermieter über die Köpfe der Mieter hinweg Beschlüsse fassen. Als Anwort komme daher nur die "Sanierung" der Geschäftsräume des Vermieters nach Vorstellungen der Bewohner in Frage. Dieser versuchte sich aus der Affäre zu ziehen, indem er angab, nicht mehr Besitzer des Hauses zu sein. Und auch von einer Sanierung wolle er nichts wissen. Der immer noch gültige Grundbucheintrag sowie der genehmigte Sanierungsantrag beim Bezirksamt müssen nach dieser Logik ein Fehler vom Amt sein.
(Junge Welt vom 23. Juni 2000)
Mieter "sanieren" Büro des Hauseigentümers |
Rund zehn Bewohner des Hauses Rigaer Str. 84 wollten gestern das Büro ihres Vermieters, der Werz & Werz Immobilien OHG in Dahlem, symbolisch sanieren. Die jungen Leute protestierten gegen Sanierungsarbeiten in ihrem Haus.
Danach, sagen sie, seien die Mieten zu hoch, zudem würde ihre Idee eines Zusammenlebens nicht beachtet. Nach Aussage von Christian Werz ging man ohne Streit auseinander. Das Haus Rigaer Str. 84 wurde 1990 besetzt, die Bewohner haben seit 1991 Mietverträge.
(Berliner Zeitung vom 20. Juni 2000)
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