Überraschung am Morgen


Münster - Ein jähes und gewaltfreies Ende fand am Donnerstag in den frühen Morgenstunden der Traum von einem selbstverwalteten sozial-kulturellem Zentrum in der alten Uppenbergschule, die seit der Jahreswende besetzt gehalten wurde.

Um 7.10 Uhr verließen die etwa 20 Besetzer die "Uppe", unter lautstarkem Protest zwar - "Kein Tag ohne autonome Zone" - und in allerletzter Minute, aber angesichts des Polizeiaufgebotes doch freiwillig. Um 6 Uhr hatte die Stadt ihnen durch die verschlossene Eingangstür das definitive Angebot unterbreitet, von einem Strafantrag abzusehen, so sie die alte Schule verließen.

Die Beratung im Haus, offenbar hatten die meisten noch geschlafen, zog sich hin, es wurde um Verlängerung gebeten: "Der Kaffee muss erst wirken." Die gewährte Polizei-Einsatzleiter Horst Haase. "Wenn sie noch eine halbe Stunde brauchen, bekommen sie ein halbe Stunde. Wir wollen niemanden kriminalisieren." Polizei und Stadt hatten für die morgendliche Überraschungs-Aktion die Losung der so behutsamen wie konsequenten Räumung ausgegeben. Da die illegale Besetzung schließlich aufgegeben wurde, wurde auf Strafanzeige und Feststellung der Personalien verzichtet.

Der friedliche Auszug der Besetzer vom hermetisch abgeriegelten Schulgelände wurde begleitet von skandierenden Rufen einiger Mitstreiter, die sich inzwischen vor der Schule zusammengefunden hatten. "Wir kommen wieder", riefen sie, taten sich zur Spontan-Demonstration zusammen, die zwar den Berufsverkehr an der Kreuzung Grevener Straße/ Schulstraße beeinträchtigte, von der Polizei jedoch toleriert wurde. Auch der Bitte der jungen Leute, noch einmal ins Schulhaus zu dürfen, um noch persönlichen Dinge zu holen, wurde entsprochen.

Die Ex-Besetzer wollen ihre Vorstellung vom selbstbestimmten Leben nicht versanden lassen. "Wir machen weiter. Uns geht es um eine gerechtere Art der Lebensgestaltung. Wir wollen ein Zentrum, das offen ist für Menschen, die sich kommerzielle soziale und kulturelle Angebote nicht leisten können", erklärten sie. Mit Pfiffen und Rufen, Trauer und Wut, quittierten sie das Anrücken der Abbruch-Unternehmen. Um eine Wiederbesetzung zu vermeiden, wurde umgehend damit begonnen, das Haus unbewohnbar zu machen.

Für Ärger indes sorgte eine Farbschmiererei auf einer Häuserwand, die im Umfeld der Räumung gemeldet wurde. Anzeige wegen Sachbeschädigung wurde gegen unbekannt erstattet.

Hintergrund Uppenberg-Einsatzes ist der Ratsbeschluss vom 9. Februar, den Baublock Schulstraße neu zu nutzen. Dazu gehört auch das Grundstück der Schule, dass der städtisch verwalteten Stiftung Bürgerwaisenhaus gehört. Sie will dort Wohnungen errichten, um so weiterhin im Sinne des Stiftungszweckes soziale Leistungen erbringen zu können.

"Ich freue mich, dass es gelungen ist, die gesetzwidrige Aktion ohne Kriminalisierung der Hausbesetzer zu beenden", sagte Dr. Oberbürgermeister Berthold Tillmann. "Eine Stadt und ihre Bürgerschaft können sich nicht erpressen lassen." Die Besetzer hätten verstehen müssen, dass es zweierlei Recht nicht geben dürfe. Bürgeranträge müssten die sich an den politischen und finanziellen Möglichkeiten messen lassen. "Es geht nicht an, dass die bevorzugt werden, die sich durch selbst gesetztes Recht einfach nehmen, was sie wollen."

BRUNI FROBUSCH, www.westline.de/mz,


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