Barrax vs. Stadtfilz


Die Michael Barrax als Projektgelände existieren seit 1994, gebaut 1928. Ein idyllischer, platanenbestandener Hof mit einer langen militärischen Geschichte. Die neun Häuser des bis Anfang der 90er von der amerikanischen Besatzungsarmee genutzten Kasernenareals werden von über 60 Menschen in Selbstverwaltung belebt.

1998: die Barrax werden von einer KEG gekauft.

Der Chef dieses Ladens fängt an, die BewohnerInnen unter Druck zu setzen. Er behauptet, dass sich die BewohnerInnen schadenersatzpflichtig machen, wenn sie nicht sofort ausziehen.

1999: mittlerweile ist eine Prozesslawine über unserem Hof niedergegangen. Einige Verfahren sind verloren, andere in Berufung, aber nur ein Mensch wirklich herausgeklagt.

Für einen der Beklagten, den Mieter des Hauses 826, haben wir am 30.09.99 eine Sicherheitsleistung zur Abwendung der Vollstreckung in Höhe von DM 9000,- (!) am Landgericht Frankfurt hinterlegt. Soweit wir wissen, ist die Vollstreckung des Urteils damit bis zum Ende der Berufungsverhandlung (Beginn im November 2000!) ausgesetzt.

10.12.99: Die KEG (s.o.) hat am 06.12.99 ebenfalls DM 9000,- hinterlegt und kommt mit Gerichtsvollzieherin Kirchner und Baufirma Seippel auf den Hof, um den Bewohner zu räumen. Dabei wird brachiale Gewalt angewendet. Nachdem die Chefin der Fa. Seippel die Bauarbeiter wörtlich auffordert, "alles kaputt zu schlagen" zerstören diese Wandvertäfelungen, schlagen Fenster ein, reißen Deckenverkleidungen heraus, -kurz, versuchen, das Dachgeschoss unbewohnbar zu machen (siehe Artikel in der Frankfurter Rundschau & dem Höchster Kreisblatt vom 11.12.99)

Zum Glück hat Fred ein paar gute Freunde zu Besuch, die die Herren Bauarbeiter dann freundlich vor die Tür beten. Die von der KEG dazu geholten Bullen sind ebenfalls der Meinung, daß der Titel der Gerichtsvollzieherin vielleicht zur Räumung, aber nicht zur Zerstörung des Hauses berechtigt, worauf KEG, Gerichtsvollzieherin & Bautrupp den Hof in Begleitung der Beamten wieder verlassen müssen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Cops beim nächsten Räumungstermin die Sache (im 100-Mann-Format?) anders sehen, besteht natürlich trotzdem.

<B<13.12.99: Die nächste Attacke erfolgt und die Spekulantenmethoden der KEG werden offensichtlich. Ein Angestellter der KEG begibt sich mit Mitarbeitern der Mainkraftwerke (MKW) zum Trafohäuschen, -welches außerhalb des Geländes steht und einzelne Häuser der Michael Barrax mit Strom versorgt-, um diesen abzuschalten. Die Stromversorgung für das Haus 827, welches legitim von zwei Mietern bewohnt wird, unter denen sich eine schwangere Frau befindet, wird gekappt. Die beiden Menschen sitzen im Dunkeln und werden durch das unverantwortliche Verhalten der KEG auch gesundheitlichen Gefahren ausgesetzt. Dies ist juristisch als Nötigung zu verstehen (siehe Presserklärung im "Frankfurter Info", Ausgabe Januar 2000).

Weil es der KEG auf dem rechtlichen Weg zu lange dauert, versucht sie, nach Spekulantenmanier, die Mieter aus den Häusern zu ekeln und greift dabei zu drastischen Mitteln, die unserer Meinung nach rechtswidrig sind.

17.01.00: Der Versuch, die Zwangsräumung gegen eine Bewohnerin des Hauses 827 durchzusetzen, findet statt. Die Frau ist hochschwanger, ein Attest, aus dem hervorgeht, dass es sich um eine Risikoschwangerschaft handelt, liegt den Behörden vor. Parallel zur Zwangsräumung soll auch der Leerstand der Räume des Hauses 826 überprüft und dieses unbewohnbar gemacht oder gleich abgerissen werden. Da jedoch genügend BewohnerInnen, SympathisantInnen wie auch VertreterInnen der Presse anwesend sind und ein, oftmals als Barrikade deklariertes Kunstwerk die einzige Zufahrt zum Hof versperrt, kommen die Gerichtsvollzieherin Kirchner samt Bautrupp erst gar nicht auf´s Gelände und ziehen beleidigt ab (siehe Artikel im Höchster Kreisblatt vom 18.01.00 und Infoblatt "Mit Widerstand gegen die Machtlosigkeit").

31.01.00: Die für 1400 Uhr angekündigte Zwangsräumung gegen einen Bewohner des Hauses 827 scheitert. Die Gerichtsvollzieherin Frau Kirchner, Herr Wrenger (ehrenamtlicher Geschäftsführer der KEG und hauptberuflicher Geschäftsführer der BSMF) sowie ein Handlanger Wrengers (Mitarbeiter der BSMF) setzen keinen Fuß auf den Hof der Michael Barrax, weil das viel zitierte Kunstwerk ihr Eintreten verhindert. Es befinden sich VertreterInnen der Presse, FotografInnen, etwa 40 SympathisantInnen und diverse BewohnerInnen auf dem Gelände; die Gerichtsvollzieherin, Wrenger & Co sowie die erst viel zu spät erscheinenden Möbelpacker der Firma Kümmel, ziehen unverrichteter Dinge von dannen (siehe Artikel in der FR & dem HK vom 1.2.00 sowie Infoblatt "Freiräume erhalten!").

Was uns bei der nächsten Zwangsräumung bevorsteht, kann nur spekuliert werden. Nach deutschem Gesetz muss die Vollstreckerin Kirchner ihren nächsten Termin nicht mehr vorher ankündigen. Wahrscheinlich ist, dass sie sich über ein Amtshilfeersuchen an die Polizei wenden wird, um sich den Zutritt zum Hof mit Unterstützung der Bullen zu verschaffen.

Damit auch in Zukunft auf dem Gelände der MBX kein Haus unbewohnbar und kein Mensch obdachlos gemacht werden kann, sollten sich alle, am Erhalt des Wohnprojektes Interessierten schon jetzt in Bereitschaft halten. In den nächsten Tagen oder Wochen wird die Gerichtsvollzieherin samt Exekutive und Möbelpackern all unseren Perspektiven ein jähes Ende setzen, wenn wir dies nicht mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln verhindern. Unsere Vision von einem alternativen, selbst verwalteten Wohnprojekt als Zukunftsmodell, in dem wir unsere vielen Pläne, wie das Einrichten von Seminarräumen für politische Veranstaltungen oder die Nutzung externer Projektgruppen, eines Internet-Cafes, einer selbstorganisierten Krabbelstube, Workshops u. v. a. m. umsetzen können, lassen wir uns von Institutionen und Unternehmen wie beispielsweise der KEG, der NH und der BSMF nicht zerstören. Wir wollen nicht zulassen, dass die Barrax einem Spekulationsobjekt zum Opfer fallen und können nur immer wieder darauf hinweisen, dass das Gegenargument von Stadt, Bund, KEG und NH "wir fördern sozialen Wohnungsbau" mühelos widerlegt werden kann. Hierbei genügt ein Blick auf den in Frankfurt leerstehenden Büroraum, den zweckentfremdeten Wohnraum und die vielen leerstehenden Sozialwohnungen (allein in FfM-West über 20%!).

Da wir keine Möglichkeit mehr haben werden, für bevorstehende Zwangsräumungen zu mobilisieren und den Kreis der UnterstützerInnen zu informieren, bleibt uns als letzte Alternative in einer akuten Situation das Einsetzen unserer Alarmliste. Diese kann jedoch erst dann abtelefoniert werden, wenn das Räumungskommando samt Bullen im Anmarsch ist. Ein schnelles Agieren wird also nötig sein, weshalb wir euch bitten, euch auf der Liste einzutragen und damit zu rechnen, dass ihr in der nächsten Zeit (meist am frühen Morgen) von BewohnerInnen der MBX angerufen und gebeten werdet, zu uns zu kommen.

Für die Unterstützung all unserer HelferInnen, Freunde und SympathisantInnen möchten wir uns bedanken. Auch durch ihre Hilfe konnten die Zwangsräumungen der Vergangenheit abgewendet werden. Wir haben dadurch Zeit gewonnen, in der wir die Möglichkeit haben, unsere Forderungen anzubringen und unsere Perspektiven von einer Alternative zur Mainstream-Gesellschaft, in der sich progressive, innovative und soziale Initiativen entwickeln können, umzusetzen.

M B X


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