Und noch was neues zu Rigaer


Es gibt Neuigkeiten! Nach Verhandlungen mit dem Senat kann die Räumung der Kadterschmiede möglicherweise bis August ausgesetzt werden. Das Wohn- und Kulturprojekt ist aber noch lange nicht abgesichert.

Die Rigaer94 ist ein ex-besetztes Haus in Berlin-Friedrichshain. Der Eigentümer, ein gewisser Herr Suitbert Beulker versucht seit anderthalb Jahren mit verschiedensten juristischen Konstruktionen die BewohnerInnen und NutzerInnen aus dem Haus raus zu bekommen. Er hat gegen sämtliche Wohnungen Räumungsklagen eingelegt, einige hat er bereits verloren, andere sind noch nicht entschieden, für zwei hat er vorläufige Räumungstitel. Auch für die im Erdgeschoß befindlichen Projekträume der "Kadterschmiede" und der Offenen Werkstatt besteht ein Räumungstitel.

Seit Januar diesen Jahres versuchten die BewohnerInnen und NutzerInnen eine politische Lösung für das Projekt zu erreichen. Die in einem Offenen Brief dazu aufgeforderten VertreterInnen des Senats hatten bisher alle Verantwortung von sich gewiesen. Erst nach einer Protestaktion im Abgeordnetenhaus bot Innensenator Körting Gespräche an, die er zunächst aber platzen ließ. Vor drei Wochen hat sich der Gerichtsvollzieher Herr Puschmann für den morgigen Dienstag, den 28. Mai für 8.00 Uhr angekündigt, um die Räumung der Erdgeschossräume durchzusetzen. Angesichts dieses konkreten Räumungstermins und der drohenden Eskalation fanden die Gespräche mit Körting vor anderthalb Wochen doch noch statt. Dort wurde ihm klar gemacht, dass die Kadterschmiede nicht freiwillig aufgegeben wird und wir von ihm die Aussetzung der Räumung fordern. Auf diese Forderung unsererseits ließ er sich nicht ein, womit wir die Gespräche als gescheitert erklärten. Er bot sich in diesem Zusammenhang jedoch zumindest an, sich mit dem Bezirk über ein eventuelles Ersatzobjekt zu verständigen.

Der Termin der Räumung rückte näher und es wurde dazu aufgerufen den Kiez dicht zu machen, um diese zu verhindern. Wenige Tage vor dem Termin wurde uns überraschend ein konkretes Angebot für ein Ersatzobjekt gemacht. Bei Annahme des Angebots bis heute Mittag sollte die Räumung ausgesetzt werden. Innerhalb so kurzer Zeit ist es eigentlich nicht möglich eine kollektive gut überdachte Entscheidung zu fällen. Auch die politischen Konsequenzen abzuschätzen und eine öffentliche Diskussion über die Bedeutung und Widersprüche einer solchen Entscheidung zu führen, ist in der Kürze der Zeit nicht ausreichend möglich gewesen. Wir fänden es politisch fatal, Beulker ein leeres Haus zu übergeben und ihm damit die Möglichkeit einer problemlosen Modernisierung zu gewähren. Auch erleichtert es die Umstrukturierung des Kiez, wenn das Projekt an diesem Ort nicht weiter bestünde. Letztendlich würde dies Beulkers Pläne für seine vier nebeneinanderliegenden Häuser (Rigaer 94,95,96, Liebig 14) noch befördern. Außerdem haben solche Angebote immer zum Ziel, vorhandenen Widerstand zu befrieden. Das Interesse von Bezirk und Senat ist eindeutig: Sie wollen keinen Krawall.

Wir haben uns letztendlich ein Stück weit auf das erpresserische Angebot des Innensenats eingelassen, und einen vorläufigen Vertrag über das Ersatzobjekt und eine Vereinbarung mit Bezirk und Senat abgeschlossen. Das Haus, um das es geht, ist die Simplonstr. 15-17. Eine Bedingung an uns ist die generelle Zustimmung zu einer zukünftigen Modernisierung in dem Haus, was die aktuelle Sanierungspolitik von Bezirk und Senat nur unterstützt. Des weiteren wohnen in dem Haus noch mindestens 18 Mietparteien, die über die neuen Pläne mit dem Haus nicht informiert wurden. Für uns ist klar, dass nur eine sozialverträgliche Modernisierung mit geringer Miete das Projekt langfristig sichern kann. Auch werden wir nicht ohne die Absprache mit den jetzigen BewohnerInnen dort einziehen. Beides haben wir zu Bedingung in dem Vertrag gemacht. Die letztendliche Entscheidung wird also erst in den nächsten Wochen fallen. Der Innensenat hat uns zugesichert, unter diesen Vorraussetzungen die Räumung bis zum 31.08.02 auszusetzen. Wir gehen zwar davon aus, dass morgen daher höchstwahrscheinlich nicht geräumt wird, vertrauen letztendlich aber natürlich nicht vollständig auf solcherlei Versprechungen. Seid daher weiterhin morgen früh bereit, falls die Bullen trotzdem kommen, wir lösen dann die Telefonkette aus. Kommt trotzdem alle um 8.00 Uhr in die Rigaer 94. Sollte es keine Räumung geben laden wir Euch alle zum Frühstück ein. Anschließend soll es eine Lärmdemo durch den Kiez geben.

Wir und andere linke Projekte sind weiterhin gefährdet. Daher: Linke Strukturen verteidigen, Kadterschmieden aufbauen. Der Kampf geht weiter, hier und überall.

[squat!net]


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