Dadaisten wollen nicht weichen


Etwa 100 «Milizionäre» der Dada-Bewegung und Sympathisanten zogen am Montagnachmittag durch die Strassen von Zürich. Zunächst «belagerten» sie die Polizeiwache beim Urania, wie ein Sprecher der Hausbesetzer, der sich «Santa Lucia» nennt, auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda erklärte.

Nachdem sich die Polizei nicht provozieren liess, folgte eine «fröhliche Siegesparade» der Aktivisten entlang der Bahnhofstrasse. Letztes Ziel war der Sitz der Rentenanstalt, die Eigentümerin des Gebäudes im Zürcher Niederdorf ist. Die Geburtsstätte des Dadaismus soll ab Dienstag umgebaut und saniert werden.

Die Hausbesetzer sind fest entschlossen, der anstehenden Räumung des Gebäudes zu trotzen. «Wir werden nicht freiwillig rausgehen», erklärte «Santa Lucia». In der Nacht auf Dienstag würden über 50 «Milizionäre» im und um das Haus schlafen, zum Teil angekettet. Ausserdem seien die Fenster mit Büchern verbarrikadiert worden. Die Hausbesetzer sind bereit für eine «Performance mit der Polizei».

Gemäss Informationen der Rentenanstalt stehen bislang 60 Prozent der künftigen Nutzung der Liegenschaft fest; in den oberen Geschossen sollen Wohnungen entstehen. Im Moment ist also nicht ausgeschlossen, dass im Haus, wo vor 86 Jahren der Dadaismus seinen Anfang genommen hatte, doch noch ein Kulturbetrieb realisiert wird.

Nach Verhandlungen mit der Rentenanstalt haben die Stadtbehörden Zeit bis Ende April, ein «überzeugendes Konzept» vorzulegen. Zu klären sind Fragen der Trägerschaft, der Finanzierung und der Gestaltung. «Santa Lucia» kritisiert allerdings, «dass die Hausbesetzer nicht in die Verhandlungen miteinbezogen wurden».

Tagesanzeiger, Zürich, 2. April 2002


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