Nachträglicher Bericht zu den


Vier Tage lang wurden in München Wohnungsnot und Freiraummangel angeprangert und Ursachen,sowie Perspektiven des Wiederstandes gegen die rein ökonomische Raumnutzung und den repressiven Umgang mit öffentlichem Raum diskutiert. Veranstaltet wurden die "Aktionstage" von der Gruppe "Rob in Haus", die im Dezember 2002 ein leerstehendes Bahn-Azubi-Wohnheim symbolisch besetzt hatte.

Trotz einer etwas kurzfristigen Mobilisierung hatten die VeranstalterInnen mit mehr Zulauf gerechnet und so gab es an dem verlängerten Wochenende Essen und Schlafplätze in Hülle und Fülle. Zusammen genommen nahmen rund 200 Leute, überwiegend MünchnerInnen, aber auch AktivistInnen aus Holland, Österreich und dem Norden der Republik an den "Freiraumtagen" teil. Die Polizei, die angesichts einiger Pleiten in den vergangenen Monaten auf das Schlimmste vorbereitet sein wollte, versuchte bereits im Vorfeld, die VeranstalterInnen einzuschüchtern, zu kriminalisieren und zu diffamieren. So gab es mehrere Telefonate zwischen Polizei, einer Mit-Veranstalterin, der zunüchst kooperationsbereiten Eigentümerin des Geländes der "Kunstgaragen" und den Verantwortlichen des Unigebäudes, in dem mehrere Veranstaltungen stattfinden sollten.

Am Donnerstag, dem offiziellen Beginn der Veranstaltung, musste daher zunächst - in einem Telefon-Wettstreit mit der Polizei - der InfoPoint rechtlich abgesichert werden, in dem die Leitung der Akademie der Bildenden Künste von den Aktionstagen überzeugt wurde. Daraufhin konnten dann auch ZivilbeamtInnen, die im und ums Gebäude herum "spazierten", höflich hinaus gebeten werden. Der Rest des Tages bestand im Wesentlichen aus Organisatorischem und Kochen, daneben gab es einzelne Diskussionen über die weitere Vorgehensweise und den Umgang mit der sich abzeichnenden Repression. Am Abend fanden sich die meisten TeilnehmerInnen auf dem "Rage against Abschiebung"-Fest ein, einem Solifest für die Flüchtlingsarbeit.

Der Freitag startete mit einem ausgedehnten Frühstück, daneben konnten Transparente und anderes Kundgebungsmaterial gemalt und gebastelt werden. Auch an diesem Tag mussten zwei Leute des Staatsschutzdezernates vom Frühstück ausgeschlossen werden. Nach einem Film über die Berliner Mainzer Strasse und ihre Räumung folgte der inhaltliche Teil des Tages. Zunächst berichteten die VeranstalterInnen über die Situation in München und ihre Erfahrungen mit dem Kampf gegen Wohnungsnot und Leerstand, es folgte ein Referat des Infoladens München über das Konzept Infoläden, die spezifische Situation in München und eine Analyse der Ursachen der Wohnungs- undRaumnot. Im Anschluss berichtete ein Vertreter der holländischen Gäste, die gerade von einer Osteuropa-Tour zurückkamen, über autonome Zentren, Wohnungsnot und Hausbesetzungen in Kroatien, Österreich und den Niederlanden. Die Vorträge mündeten in eine ausgedehnte, aber nicht uninteressante Diskussion über Strategien der Aneignung von Leerraum und erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit. Teile der Veranstaltung wurden live zu einem niederländischen freien Internetradio gestreamt. Zwei Workshops beendeten den offiziellen Teil des Tages: ein kurzer Lehrgang zur Sicherheitstechnik sowie eine Einführung in das Prinzip kreativer, direkter Aktionen. Den Abend verbrachten viele TeilnehmerInnen im ehemaligen Tröpferlbad, einem nicht-autonomen Zentrum, in dem jedoch diverse Gruppen ohne massive Einschränkungen Cafebetrieb, Solifeste etc. veranstalten können. Unbestätigten Gerüchten zufolge wurden am fühen Morgen des darauf folgenden Tages Transparente und Plakate zum Thema Wohnungsnot in der Nähe des Sendlinger Tors gesehen.

Am Samstagmorgen wurden die letzten Vorbereitungen für die Demonstration "Her mit den Freiräumen!" getroffen. Um 14 Uhr fanden sich aufgrund des schlechten Wetters, aber auch wegen der mäßigen Mobilisierung, zwar nur rund 150 TeilnehmerInnen vor dem Kreisverwaltungsreferat ein, diese schafften es jedoch mithilfe zweier engagierter Redner, Musik, lautstarkem Auftreten und vor allem einem hinterher fahrenden Tross von zwei Hundertschaften USK, Staatsschutz und dutzenden ZivilpolizistInnen, das Thema Wohnungs- und Freiraummangel sowie Repression auf öffentlichen Plätzen relativ gut in die Öffentlichkeit zu tragen und dabei noch aufzuzeigen, wie die Staatsmacht mit derartigen Themen umgeht, wenn sie von der "falschen" Seite angegangen werden. Da während des ganzen Umzuges jedoch keinerlei gewalttätiges Verhalten auf Seiten der DemonstrantInnen zu erkennen war, mussten die USK-Einheiten während der Abschlusskundgebung noch mal eskalieren, um doch noch zu "zeigen", welch kriminelle Bande da auf der Strasse tanzte. Die DemoteilnehmerInnen ließen sich jedoch nicht provozieren und so konnten weitere Übergriffe und Verhaftungen vermieden werden. Da das Abendprogramm ersatzweise in der Akademie statt- und sich der überwiegende Teil der Demonstrierenden auch dort einfand, wurde die Polizei offenbar nervös: nun musste doch endlich die große Aktion, eine Hausbesetzung oder ähnliches stattfinden. Denkste! Nachdem klar geworden war, welches Maß die Repression annehmen würde, wollten die VeranstalterInnen der Polizei nicht den Gefallen tun, die Akademie der Bildenden K?nste zu räumen, oder gar in einer Harakiri-Aktion ein Haus zu besetzen. Lieber wollte mensch mit den Gästen feiern gehn ...

Am Sonntagmorgen - es hatte die ganze Nacht durch geregnet und Besserung war nicht in Sicht - war zunächst unklar, ob das angekündigte Camp-In am Marienplatz stattfinden sollte. Mehrmals gab es unterschiedliche Informationen, bis sich die VeranstalterInnen dann doch durchrangen, die Zelte vor dem Münchner Rathaus aufzuschlagen. Trotz strömenden Regens kamen ca. 60 gut gelaunte Leute zusammen, es gab Redebeiträge, ein Konzert und Volksküche. Nachdem auch der Polizei klar geworden sein dürfte, dass die vermuteten Gewaltakte ausbleiben würden, hielt sie sich an jenem Tag zurück und beschränkte sich auf die Durchsetzung der Auflagen für die Veranstaltung. Den Abschluss der "Aktionstage" bildete ein Abend in der "Infok?", bei dem über den Stand der Mobilisierung zur Solidemonstration für drei Magdeburger Linke informiert wurde.

Abschließend lässt sich sagen, dass die "Münchner Freiraumtage" trotz der unzureichenden Mobilisierung als Erfolg gewertet werden können. Zwar blieb die - von den Einen oder Anderen nicht nur auf Seiten der Polizei erwartete - Hausbesetzung oder ähnliches aus, jedoch sollte das Wochenende nicht daran gemessen werden. Viele Leute (VeranstalterInnen und SympathisantInnen) trotzten den widrigen Umständen wie Wetter und Repression, um ein Problemfeld anzuprangern, das bei Weitem nicht nur linke Strukturen, sondern alle ärmeren Bevölkerungsschichten betrifft. Und sie taten dies auf vielfältige Weise, entschlossen, kreativ, im Kontakt mit AktivistInnen aus anderen Städten und Ländern, wenngleich VeranstalterInnen wie TeilnehmerInnen dem Begriff "Aktionstage" nicht wirklich gerecht wurden. Neben Camp, Demo und Workshops wären noch viele begleitende Aktionen in der Öffentlichkeit denkbar gewesen. Allerdings schienen die OrganisatorInnen - auch aufgrund der nur maßigen Einbeziehung anderer Gruppen - schon mit dem bestehenden Programm überfordert. Darüber hinaus gestaltete sich offenbar die Zusammenarbeit mit einigen Obdachlosen, die teilweise bisher wenig mit den politischen Dimensionen ihrer Situationen vertraut waren, des öfteren schwierig und anstrengend. überraschend und bezeichnend war das Ausmass der Repression angesichts der eher kleiner angelegten Veranstaltungen. Die Polizei ging hierbei weit über das übliche und rechtliche Maß hinaus.

Wenn die Gruppe "Robin Haus" als Veranstalterin aus den Problemen der Mobilisierung und Organisation die richtigen Schlüsse zieht; wenn also frühzeitig und unter Einbeziehung vieler Münchner und auswärtiger Gruppen, die ja für die Thematik durchaus gewonnen werden können, mobilisiert wird; wenn dadurch auch ein anderer Umgang mit polizeilicher Repression gefunden werden kann; dann würde einer Neuauflage der "Freiraumtage" 2004, dann als umfangreiche Aktionstage angelegt, nichts im Wege stehen.

Links dazu:

http://de.indymedia.org/2003/10/63069.shtml http://robinhouse.muenchnerfreiraum.de http://www.indynews.net/index.php?id=434&backPID=421&tt_news=528 >

Viele Grüße aus Bayern !

[squat!net]


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