2.000 gegen Köpi-Versteigerung


Erhalt der früher besetzten Köpenicker Straße 137. Das Gebäude soll morgen zwangsversteigert werden, dem autonomen Projekt droht das Aus

Eine so große Hausbesetzerdemo hat Berlin schon lange nicht mehr erlebt: Rund 2.000 Menschen demonstrierten am Samstag für den Erhalt des autonomen Wohn- und Kulturprojekts "Köpi" in der Köpenicker Straße 137 in Mitte. Das Haus soll morgen zwangsversteigert werden, die BewohnerInnen befürchten den Abriß. Bei der Demo, die am Nachmittag "gegen Umstrukturierung und Vertreibungspolitik" vom Hermannplatz über die Köpenicker Straße zum Görlitzer Bahnhof zog, kam es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Nach jeweils eigenen Angaben wurden dabei zehn DemonstrantInnen und acht PolizistInnen verletzt. 27 DemonstrantInnen wurden vorübergehend festgenommen. Die Polizei begründete die Festnahmen mit Vermummung, Körperverletzung, Widerstand gegen Polizeibeamte sowie versuchter Gefangenenbefreiung.

Die Polizei habe "massiv eskaliert", kritisierten gestern die OrganisatorInnen gegenüber der taz. Die DemonstrationsteilnehmerInnen seien bereits auf dem Hermannplatz "massiv von der Polizei durchsucht worden". Kurze Zeit später, auf dem als Zickenplatz bekannten Hohenstaufenplatz am Kottbusser Damm, habe die Polizei die Demonstration "grundlos angegriffen": "Als Vorwand dienten zwei Transparente, auf denen ,Köpi verteidigen' stand", so einer der Bewohner. Danach sei die Demonstration von einem beidseitigen Doppelspalier der Polizei begleitet worden.

Die Polizei sieht das freilich anders: DemonstrantInnen, ein Großteil von ihnen vermummt, hätten mit Pflastersteinen und Flaschen auf Polizei und Schaufenster geworfen, begründete man gestern im polizeilichen Lagezentrum die Einsätze der KollegInnen.

Die "Köpi" war im Februar 1990 als eines der ersten Häuser in Ostberlin besetzt worden. Ein Jahr später, nach den gewalttätigen Auseinandersetzungen um die besetzten Häuser in der Mainzer Straße in Friederichshain, legalisierte die Wohnungsbausgesellschaft Mitte das Mietverhältnis. Heute leben über 40 Erwachsene und Kinder in dem Gebäude nahe dem Ostbahnhof, seit der Besetzung finden hier auch politische Veranstaltungen, Solidaritätspartys und Konzerte statt.

Die Probleme der BewohnerInnen begannen vor zwei Jahren: Damals wurde das Haus verkauft, der neue Eigentümer stellte umgehend einen Räumungsantrag. Doch das Amtsgericht in Mitte lehnte ab. Im vergangenen Jahr mußte der Besitzer Konkurs anmelden, er hat Schulden in Millionenhöhe. Ein Teil von ihnen soll durch Zwangsversteigerung der "Köpi" beglichen werden.

Nach Informationen der BewohnerInnen ist auf dem an das Haus angrenzenden 20.000 Quadratmeter großen Areal ein 200- Millionen-Mark-Großprojekt geplant, in dem unter anderem ein Einkaufscenter und Eigentumswohnungen entstehen sollen. Der Wert des Geländes wird auf 5,4 Millionen geschätzt. "Auch ein Abriß wäre wirtschaftlich vertretbar", heißt es in einem Gutachten des Sachverständigenbüros Bernd Scheuner über die "Köpi", das das Amtsgericht Mitte in der Littenstraße erstellen ließ. Dort soll das Gebäude morgen versteigert werden. Mit einer Kundgebung um 9 Uhr vor dem Gericht wollen die BewohnerInnen dies in letzter Minute verhindern.

taz Berlin vom 15.2.1999


  Harter Polizeieinsatz gegen Köpi-Demo

zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen DemonstrantInnen und der Polizei kam es am Samstag auf dem Kottbusser Damm. Bei einer Demonstration für den Erhalt des autonomen Wohn- und Kulturprojekts in der Köpenicker Straße 137 in Mitte, in der Szene kurz "Köpi" genannt, ging die Polizei nach Augenzeugenberichten "hart und brutal" gegen einige DemonstrantInnen vor. Die Polizei rechtfertigte ihren Einsatz mit Stein- und Flaschenwürfen auf Beamte. Zehn DemonstrantInnen und acht PolizistInnen wurden verletzt, 27 DemoteilnehmerInnen vorübergehend festgenommen. Insgesamt demonstrierten 2.000 Menschen gegen die Zwangsversteigerung des ehemals besetzten Hauses.

taz Berlin vom 15.2.1999


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