Stellungnahme einiger Aktivistlnnen der MagdaIenenstrassenbesetzung


ein versuch eine öffentliche diskussion über die perspektiven von hausbesetzungen anzuregen

chronologischer abriss der ereignisse (unvollständig)

wie bereits bekannt wurde am vergangenen freitag morgen (22.1.99) ein haus in der magdalenenstrasse in lichtenberg besetzt und am samstag um 8 uhr wieder freiwillig verlassen.

nachdem eine woche vorher ein ähnlicher versuch, von erstaunlich vielen menschen unterstützt, aufgrund von sicherheitsbedenken abgebrochen wurde, und der aufforderung vieler, es noch einmal zu versuchen, kam es nun tatsächlich zur besetzung. allerdings beteiligten sich dieses mal wesentlich weniger. sofort nach der besetzung wurden die verhandlungen mit dem verwalter des hauses, bezirksbürgermeister friedersdorf, aufgenommen, der sich zunächst nicht verhandlungsbereit zeigte, weil für das haus schon eine andere soziale nutzung vorgesehen wäre. auch stellte sich heraus, daß das haus noch als dienstgebäude geführt wird und somit dem innensenat untersteht. das nutzungskonzept sah vor, ein betreutes wohnprojekt für obdachlose mädchen und frauen einzurichten (tägerverein "undine" im demokratischen frauenbund ) oder der geräumten pfarrstr. 104 als ersatzhaus für ein spi-selbsthilfeprojekt zur verfügung zu stellen. er sagte jedoch zu, mit den besetzerlnnen zu reden. nach ca. einer 1/4 stunde trafen die ersten bullen ein (am ende mehr als eine halbe hundertschaft) und versuchten die personalien der unterstützerlnnen vor dem haus aufzunehmen, was ihnen zum teil auch gelang. erst nachdem ihnen bestätigt wurde, daß der bürgermeister persönlich bis 12 uhr zum haus kommt zogen sie sich etwas zurück. die verhandlungen zwischen den leuten im haus und den vertreterInnen des bezirksamts (ba) (bürgermeister, jugendstadtrat und grundstücksverwalterin) kamen zu dem ergebnis, daß die besetzerlnnen bis zum nächsten morgen um 8 uhr im haus bleiben können, wenn sie das haus freiwillig verlassen. nachdem das ba das haus verlassen hatte, verzogen sich auch die bullen und es wurde ein plenum angesetzt, um gemeinsam das weitere vorgehen zu diskutieren. ca 30 leute beteiligten sich daran, mit dem ergebnis, daß einige sich mit "undine" in verbindung setzten. andere kümmerten sich um eine abendliche vokü und es wurde versucht, die pfarrstr. 104 zu erreichen. "undine" zeigte sich äußerst unkooperativ. die pfarrstr. 104 wurde nicht erreicht. allerdings war vorher auch bekannt, daß sie kein interesse an diesem haus haben. das nächste plenum fand dann gegen abend statt. letzendlich reduzierte sich die diskussion auf die standpunkte 1. verhandlungschiene offen lassen und sich an die abmachung halten, um den spiekaum für zukünftige projekte nicht zu verspielen 2. im haus bleiben und von dort aus zu verhandeln, mit einem stärkeren druckmittel (im haus geblieben zu sein) 3. auf die verhandlung scheißen und sich räumen zu lassen. die diskussion drehte sich immer wieder im kreis, weil die plenumsbesetzung sich bei jeden plenum änderte. gegen 10 uhr störten 4 naziskins die diskussion, aber sie verpissten sich nach flaschenwürfen. ansonsten beobachteten die nazis und zivis die ganze nacht das haus. am morgen waren nur noch wenige leute vor ort und beschlossen abzuziehen, eine ansage an das ba zu machen und montag zu verhandeln. soweit so gut.

kurzer abriss des konzepts

die besetzung sollte möglichst breit getragen und eine organisierte unterstützung aufgebaut werden. verhandlungen sollten sofort aufgenommen werden, um so eine räumung zu verhindern, da der bezirk lichtenberg als deeskalierend und verhandlungsbereit eingeschätzt wurde. die öffentlichkeit als politisches druckmittel ist als wichtig beurteilt worden, da es momentan keine starke bewegung gibt.

versuch einer teilweisen bewertung

- zielsetzung: - politische aktion oder ernsthafter versuch einer hausbesetzung

die zielsetzung des projektes war zu unklar. es gab starke differenzen bei der umsetzung des projektes. diskussionen, die voher hätten laufen sollen, liefen erst nachher. grundlegende inhalte wurden nicht ausdiskutiert, wie so oft heutzutage. gut war jedoch, daß es der erste versuch war, eine besetzung mit einer längerfristigen perspektive zu planen. auch wurde ein politischer spielraum geschaffen, der es ermöglicht, die politische verantwortung des ba für eine eskalation klar zu machen, um so die öffentlichkeit auf die eigene seite zu ziehen und so druck auf die herrschenden aufzubauen, um eine radikale veränderung auch und gerade in lichtenberg zu erreichen.

- mobilisierung:

zu kritisieren ist, daß zum zweiten versuch nur wenig mobilisiert, bzw. die mobilisierung sich selbst überlassen wurde. auch wurde nach dem ersten versuch zu wenig szeneintern vermittelt, wieso es zu einem abbruch kam. es stellte sich heraus, daß die einschätzung der situation, die zu der entscheidung führte abzubrechen, und die zentrale entscheidungsstruktur falsch war. weiterhin zu kritisieren ist, daß keine wirklich organisierte unterstützung aufgebaut wurde. positiv war die spaltungsübergreifende akzeptanz, beteiligung und größtenteils verantwortungsbewußte diskussion, die zur zahlreichen teilnahme am ersten versuch führte.

- pressearbeit:

negativ war, daß es keine fundierte pressearbeit im zeitraum nach der besetzung gab. während der besetzung funktionierte sie jedoch ausgezeichnet, so daß fast die gesamte berliner lokalpresse größer darüber berichtete.

- struktur:

die struktur zeichnete sich durch unerträgliche unverbindlichkeit aus, was dazu führte, daß eine umsetzung der beschlüsse sich im verlauf der ereignisse als zunehmend schwierig erwies. auch konnte der unterstützerlnnenszene ihre verantwortlichkeiten nur teilweise vermittelt werden. es wurde möglichst viel wert daraufgelegt, allen beteiligten größtmögliche sicherheit zu bieten, indem die vorgehensweise den aktuellen bedingungen angepaßt war. deshalb hatten alle die möglichkeit sich in die entscheidungen einzubringen.

- recherche/konzeption

mangelnde recherche führte dazu, daß eine nicht der konzeption entsprechende situation eintrat. es bleibt die ungewissheit, ob eine intensivere recherche zu viel wind aufwirbelt. in der konzeption fehlte eine vorgehensweise, die auf unvorhergesehene fälle angemessen reagieren kann. es wurde versäumt sich über die vermittelbarkeit des konzepts gedanken zu machen, da die forderung nach dem unmöglichen sich häufig nicht mehr am realistischen orientiert. die frage geht dahin, ein radikales projekt durchzukämpfen oder heldlnnentum als radikal zu betrachten. ansonsten schlug das konzept ein wie eine bombe (nix ernst oder was?).

dieser text erhebt keinerlei anspruch auf vollständigkeit und ist hoffentlich ein ansporn für weitere besetzungen und ein anstoß für eine konstruktive diskussion.

LEBT & LEST RADIKAL

sorry für die unappetitliche bleiwüste

Die BesetzerInnen


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