Besetzer bewarfen Polizisten mit Steinen


POTSDAM. Rund 50 Hausbesetzer und Sympathisanten haben am Sonntagabend erneut versucht, ein leer stehendes Wohnhaus in der Potsdamer Innenstadt zu besetzen. Die Polizei verhinderte dies am späten Abend mit einem massiven Einsatz. "Es ist die offizielle Linie der Stadt, dass jede Neubesetzung durch die Polizei automatisch verhindert wird", sagte die Sprecherin der Potsdamer Polizei, Bärbel Sonnenberg, am Montag. "Insgesamt wurden 19 Besetzer in Gewahrsam genommen." Diese seien aber bereits wieder freigelassen worden.

Zweite Neubesetzung des Jahres

Die Hausbesetzerszene hatte vor ihrer Aktion Handzettel in der Stadt verteilt, auf denen stand: "Wir betteln nicht, wir fordern. Wir besetzen vier neue Häuser." Kurz nach 18 Uhr wurde die Polizei von Nachbarn des Hauses Weinbergstaße /Ecke Schopenhauer Straße alarmiert, weil Besetzer in das Haus eingedrungen waren. Die Polizei rückte mit 70 Beamten an. Sie nahm im Haus 18 Hausbesetzer fest. "Diese leisteten nur wenig Widerstand", sagte Polizeisprecherin Sonnenberg. Deshalb sei die eigentliche Räumung ohne Zwischenfälle verlaufen. Allerdings hätten etwa 20 Sympathisanten vor der Räumung die Beamten "massiv mit Steinen beworfen". Verletzt wurde niemand. Die Steinewerfer konnten fliehen. Zehn Mitglieder einer amerikanischen Punkrock-Band, die ebenfalls im Haus waren, erhielten von der Polizei Platzverweise.

Es ist bereits die zweite versuchte Hausbesetzung in Potsdam innerhalb kurzer Zeit. Ende Juli hatten 20 Jugendliche versucht, ein Haus in der Clara-Zetkin-Straße in Besitz zu nehmen. Damals schritt die Polizei ebenfalls ein.

"Die Stadt hält weiterhin an der Politik der Deeskalation fest", sagte Potsdams Oberbürgermeister Matthias Platzeck (SPD). Dazu gehöre einerseits die Duldung von fünf Besetzungen, die auch von den Hausbesitzern akzeptiert werde. Andererseits werde jede Neubesetzung weiterhin verhindert.

Potsdams CDU-Kreischef Wieland Niekisch fordert nun erneut ein Abrücken von dieser "Verharmlosungsstrategie": "Durch Platzecks Politik fühlen sich die gewaltbereiten Besetzer so weit akzeptiert, dass sie jetzt sogar wieder mit Neubesetzungen beginnen." Er unterstütze deshalb die Forderung von Innenminister Jörg Schönbohm (CDU), aus Sicherheitsgründen die Häuser bis zur Bundesgartenschau im Jahr 2001 in Potsdam zu räumen.

Jens Blankennagel, 8. August 2000 Berliner Zeitung Brandenburg


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