aus Interim 399 28.11.96:
 Migration und Stadtentwicklung


  Migranten aus der ehemaligen UdSSR in Berlin 1990 1993

Ein Fünftel der 290 Millionen Einwohner der ehemaligen Sowjetunion fand sich nach dem Zerfall der UdSSR in Staaten außerhalb der entsprechenden ethnischen Grenzen wieder. Vor großen Schwierigkeiten stehen vor allem die 25,3 Millionen Russen, die sich in den letzten Jahrzehnten in Unionsrepubliken außerhalb der Russischen Föderation angesiedelt haben. (...) Andererseits leben auf dem Territorium der Russischen Föderation 7,8 Millionen Nichtrussen, die ebenfalls zunehmend von Marginalisierung bedroht sind. So verlassen aus Furcht vor Diskriminierung und Verfolgung viele Russen wie auch Angehörige anderer Ethnien die sich neu etablierenden nationalen Republiken, um sich innerhalb der Staatsgebiete der eigenen Volkszugehörigkeit niederzulassen. Neben dieser Binnenmigration innerhalb der Staatsgrenzen der ehemaligen Sowjetunion gibt es jedoch auch eine zunehmende grenzüberschreitende Migration Richtung Westeuropa.(...)

Die Bundesrepublik Deutschland und insbesondere Berlin ist für viele dieser Migranten zu einem bevorzugten Zielort geworden, und zwar sowohl als ''Endstation'' der Reise als auch als zentraler Transitpunkt für den weiteren Weg nach Westeuropa und den USA. Im folgenden soll die Situation von Migranten aus der ehemaligen Sowjetunion in Berlin unter folgenden Fragestellungen sondiert werden:

(...)

Ein Gesetzes zur Erleichterung der Ausreise wurde mehrmals hinausgeschoben und erfolgte schließlich am 20.5.1991. Sowjetische Demographen und Soziologen berechneten sogleich, daß mehr als 10 Millionen Sowjetbürger zur Ausreise ins Ausland bereit seien eine alarmierend hohe Zahl für das ohnehin vom wachsenden Migrationsstrom beunruhigte Europa. Das war offensichtlich ein Grund, weshalb das Inkrafttreten des Gesetzes auf den 1.1.1993 verschoben wurde. (...)

Im Artikel I des Gesetzes heißt es: "Der Reisepaß ist für die Ausreise aus der UdSSR in alle Länder der Welt gültig."

Da es durch diese gesetzliche Reform von 1991 relativ problemlos geworden ist einen Reisepaß zu erhalten, ist vielfach davon Gebrauch gemacht worden das Land legal als Tourist zu verlassen.(...)

Das Alter der Migranten (die aus den verschiedensten Regionen kommen) liegt in der Regel zwischen 19 und 35 Jahren. Dabei stellen die über Dreißigjährigen die Minderheit und Personen über Vierzig die Ausnahme dar. Ausnahmen bilden auch einige Jugendliche im Alter von höchstens 18 Jahren, die in der Zeit des "Booms" ostslawischer Souvenirs im Frühjahr und Sommer 1993 am Brandenburger Tor kleine Geschäfte gemacht haben. In der Regel handelt es sich bei den Migranten aus den GUS Staaten um alleinstehende Männer vor allem aus den zentralen Regionen Rußlands, der Ukraine und Weißrußlands. Ganze Familien reisen relativ selten aus, alleinstehende Frauen sind noch weniger anzutreffen. Die meisten Migranten haben eine abgeschlossene Berufsausbildung: Sie sind Schlosser, Kraftfahrer, Verkäufer, Mechaniker, auch Ingenieure und Ärzte sind darunter. Nur wenige, vor allem Jugendliche sind ohne Berufsausbildung.
 Migrationsursachen und Begründung des Ziellandes Bundesrepublik

Unter den möglichen Ursachen für die Migration sind für die Migranten aus der GUS insbesondere politische, wirtschaftliche und ökologische relevant. Infolge der Souveränitätserklärungen aller ehemaligen Sowjetrepubliken, der Annahme neuer Gesetze zugunsten der jeweils angestammten Nation (vor allem in Bezug auf Staatsbürgerschaft, Sprache und Einführung eines Ansässigkeitszensus) setzte eine intensive Migrationsbewegung in die Russische Föderation ein. Die genannten Maßnahrnen waren vor allem gegen die Russen gerichtet, die Partei und Staatsposten sowie Schlüsselpositionen in der Wirtschaft innehatten. So verließen allein 1992 etwa 500.000 Russen Mittelasiens, Jakutiens und Tuwas ihre Wohnorte in Richtung der russischen Zentralgebiete. Diese Bewegung verstärkte sich noch, als 1993 weitere Gesetze angenommen wurden, die die angestammte Bevölkerung hinsichtlich der Eigentumsbildung an Grund und Boden und des Wahlrechts bevorzugten. Insgesamt war die Entwicklung der einzelnen GUS Staaten durch äußerst aggressive nationalistische Wellen gekennzeichnet, wodurch wiederum chauvinistische Stimmungen unter der russischen Bevölkerung geschürt wurden. Im Kaukasus, in Mittelasien und Moldawien eskalierten nationale Widersprüche zu militärischen Konflikten. Seitdem befinden sich Hunderttausende auf der Flucht vor den Kriegshandlungen. Dieser Flüchtlingsstrom erfaßte neben den Russen auch andere Nationalitäten; die meisten von ihnen sind ebenfalls ins russische Zentrum gezogen. Diese Flüchtlinge aus Mittelasien und dem Kaukasus sahen sich mit als erste gezwungen, Wege in den Westen zu suchen, da sie sonst nur zwischen der drohenden Abschiebung aus Rußland und der Rückkehr ins vom Bürgerkrieg geschüttelte Herkunftsland wählen konnten.(...)

Weitere politisch bedingte Migrationsbewegungen entstanden im Zusammenhang mit dem im Juni 1991 in der Russischen Föderation erlassenen Gesetz über die Rehabilitierung der unter Stalin deportierten Völker, das es den in den Jahren 1941 bis 1944 gewaltsam (und "auf ewig") aus der Südukraine, der Krim, dem Kaukasus und dem Wolgagebiet in Regionen Kasachstans, Mittelasiens und Sibiriens umgesiedelten Völkern ermöglicht, in ihre Heimatgebiete zurückzukehren. Viele dieser Völker machen davon Gebrauch, nicht zuletzt unter dem Druck jener Nationalitäten, unter denen sie als Deportierte in den letzten Jahrzehnten gelebt hatten. Die Zurückkehrenden stoßen jedoch auf äußerst ablehnende Reaktionen unter den Russen und Angehörigen anderer Nationalitäten, die inzwischen auf jenen Territorien leben (...) In der Regel hatten alle Binnenmigranten nach ihrer Ankunft am neuen Ort Schwierigkeiten mit Wohnung und Arbeit. Da die Behörden auf eine derartige massenhafte Wanderung nicht vorbereitet waren und sich die Lage aufgrund der allgemeinen Krise des sozialistischen Systems noch verschärfte, entstand eine große Bevölkerungsschicht, die keinerlei Zukunftsperspektive vor sich sah. Aus ihr formierte sich

in kurzer Zeit eine Migrantenbewegung nach Westeuropa und in andere Regionen der Welt. Neben politischen Ursachen führen somit auch die ökonomischen Bedingungen zur Abwanderung. Die katastrophale Inflation und der wirtschaftliche Zerfall in den GUS Staaten haben ihren Höhepunkt noch nicht erreicht, doch schon jetzt gibt es ein Heer von Arbeitslosen, die sozial nicht abgesichert sind. Im Juni 1992 registrierte das Arbeitsministerium der Russischen Föderation etwa 10 Millionen Arbeitslose und eine Million Ausreisewillige. (...)

Daß man in Deutschland in einer Stunde Geld in Höhe zweier "heimischer" Monatsgehälter verdienen kann ist Motivation genug, sich auf den Weg nach Westen zu machen....

Der Hauptgrund für die Wahl Deutschlands resp. Berlins als Ziel vieler Migranten ist die relative geographische Nähe in Verbindung mit erprobten Verkehrswegen, die auch bei beschränkten materiellen Mitteln das Ziel erreichbar erscheinen lassen. Hierzu die Aussage von einigen Befragten: "Ich hatte nicht soviel Geld, um nach Amerika zu fahren. Deutschland ist eins der nächstgelegenen Länder mit hohem Lebensniveau. Deshalb hin ich hierher gekommen. " (Russe, 28 Jahre, Gebiet Uljanowsk) (...)

Die Wahl gerade Berlins als Ziel der Migration wird neben der schon erwähnten geographischen Nähe noch durch folgende Faktoren begünstigt: Berlin ist mit den GUS Staaten durch gut ausgebaute Straßen und Schienenwege verbunden: Täglich verkehren Züge aus Moskau, Petersburg und Kiew. Die Bahnfahrkarte kostet den Migranten ca. 100 DM, eine im Vergleich mit anderen Fahrpreisen noch erschwingliche Summe.

Berlin und seine Umgebung bieten den GUS Migranten eine beachtliche Zahl verschiedener Zufluchtsorte: Wohnungen von Migranten aus der ehemaligen Sowjetunion, von deutschen Aussiedlern aus der GUS und sowjetischen Juden, von Offizieren und Freiwilligen, die Territorien der Gamisonen selbst.

Dazu kommen die Umgebung des Hauptbahnhofs und des Bahnhofs Lichtenberg, wo die Züge aus der GUS eintreffen. Darüber hinaus gibt es in den neuen Bundesländern nicht wenige Sympathisierende, die den Migranten aus der GUS für eine kürzere Zeit eine Übernachtungsmöglichkeit zur Verfügung stellen. Die besondere Anziehungskraft Berlins resultiert auch aus einer relativ liberalen Handhabung des Asylgesetzes und einem vergleichsweise hohen Bestand an Asylbewerberheimen. Unter den Migranten innerhalb der GUS entstand der Mythos von einem neuen Eldorado (Taschengeld, Heimplätze, Kleidung, Verpflegung, Fahrkostenerstattung). Informationen über Wege ins Asyl wurden wie eine Fahrkarte oder eine Touristenreise verkauft. Der durch die Vereinigung von West und Ostberlin bedingte Umbruch und Aufbau bietet vielfältige Möglichkeiten, auch illegal zu arbeiten und gegebenenfalls unterzutauchen. (...) Zu den Migranten aus der ehemaligen Sowjetunion zählen auch Deserteure aus der Westgruppe der russischen Streitkräfte. Ihre Gründe, in Deutschland bleiben zu wollen, sind verschiedener Art: Durch die politischen Veränderungen in der ehemaligen Sowjetunion ist die multinationale Armee für die Regierungen der GUS Staaten zum "Zankapfel" geworden. Die neuen Gesetze in den Republiken über Staatsbürgerschaft und Sprache betreffen auch die Armee und bedrohen die Zukunft derjenigen Militärangehörigen, die vor der Demobilisierung stehen und aufgrund der Nationalitätenkonflikte nicht an ihren damaligen Wohnort zurückkehren können. (...)
 Wie kommt man aus den GUS Staaten nach Berlin?

Da es für Migranten aus der GUS praktisch unmöglich ist, ein Einreisevisum in das Zielland mit dem Status eines "politischen Flüchtlings" zu bekommen, bleibt als einziger legaler Weg der Tourismus. (...)

Infolge des Verlusts der zentralen Kontrolle ist auch der Erhalt eines Reisepasses und Ausreisevisums sowie der Erwerb von Fahrkarte oder Flugticket in die Kompetenz der örtlichen Behörden übergegangen. In der Regel gibt es in jedem Gebietszentrum der GUS eine Organisation unter der Bezeichnung "Kleines Unternehmen" ("Maloepredprijatie") und einem symbolischen Namen. Dieses ''Unternehmen'' hält Kontakt zur entsprechenden Organisation in Nachbarstaaten, bspw. in Polen. Das polnische ''Unternehmen'', das sich als ''aufnehmende Seite" bezeichnet, schickt seinem Partner z.B. in der Ukraine eine mit Siegel verschlossene Order ("Voucher"), die die Grundlage für die Ausgabe eines Reisepasses ist. Bewohner der GUS benötigen jedoch nicht nur ein Ausreisevisum, über das in jedem Fall die örtlichen Behörden entscheiden, sondern auch ein Einreisevisum in das gewünschte Land. Im Prinzip kommen (von Diplomaten abgesehen) folgende Arten von Einreisevisa in Frage: Visa auf Privateinladung ("Gästevisa"), Touristenvisa (die für einen oder drei Monate ausgegeben werden können), Transitvisa und Visa für "Gastarbeiter". Die Erteilung dieser Visa liegt in der Kompetenz der Konsularabteilungen der jeweiligen Einreiseländer. Die Konsulate der potentiellen Gastländer befinden sich bislang jedoch nur in den ehemaligen sowjetischen Verwaltungszentralen Moskau, Petersburg, Kiew und Minsk. Aufgrund des großen Andrangs entstehen dort gegenwärtig Wartezeiten von drei bis sechs Monaten, Zeitspannen, die vor allem für die Flüchtlinge aus Kriegsregionen oft unerträglich sind. "Das deutsche Einreisevisum konnten wir nur in Rußland bekommen. In Armenien gib es nicht einmal eine Visaabteilung. Wir haben das Visum in Moskau, im deutschen Konsulat beantragt. Wir haben drei Monate gewartet, da war so eine lange Schlange, einfach ein Hohn auf die Leute, im Konsulat hat man uns sehr grob behandelt. " (Armenier, 24 Jahre) Viele der Ausreisewilligen suchen daher nach anderen, schnelleren Wegen, um ein Einreisevisum in das Land ihrer Wünsche zu erhalten. So ein Migrant aus Kabardino Balkarien: "Einfacher war es, das Visum bei der Mafia zu kaufen. Da bekommt man für 100 Dollar gleich ein Visum für drei Monate, für 50 Dollar für einen Monat "

(... )
 Lebens und Arbeitsbedingungen der GUS Migranten in Berlin

Die Lebens und Arbeitsbedingungen von Migranten aus der ehemaligen UdSSR in der BRD resp. Berlin differieren stark entsprechend dem jeweiligen Aufenthaltsstatus. Flüchtlinge aus Gebieten militärischer und nationaler Konflikte kommen in der Regel fast ohne materielle Mittel und beantragen Asyl in der Hoffnung, in der Bundesrepublik eine Zuflucht und neue Existenzgrundlage zu finden. Vom Zeitpunkt ihrer Antragstellung bis zum Abschluß ihres oft viele Jahre dauernden Prüfverfahrens unterliegen sie dem Asylverfahrensgesetz, das den Aufenthalt des Asylsuchenden im Geltungsbereich des Gesetzes nur beschränkt gestattet. (...)

Nach dem Aufatmen in den ersten Tagen und Wochen, nach dem Sammeln erster Erfahrungen stellte ich bei vielen Asylbewerbern Ernüchterung und oft auch Enttäuschung hinsichtlich ihrer Lage ein. Ihnen war klargeworden, wie lange sich das Asylverfahren hinziehen würde und daß sie während des schwebenden Verfahrens kaum Rechte besaßen. So meinten zwei Russen: "Wir haben uns staatlichen Institutionen gestellt in der Hoffnung, daß das Asyl uns Rechte gibt in Deutschland zu bleiben, die Ehefrau und die an deren Verwandten herzuholen, mit der Familie hier zu leben. "(...)

Ein Teil der Asylbewerber verläßt daher die Asylheime und taucht in die Illegalität ab, (nachdem sie erkennen welch geringe Chancen sie haben als politische Flüchtlinge anerkannt zu werden). Ein Asylbewerber aus dem Kaukasus (Kabardino Balkarien) zum Beispiel war zunächst in einem Heim in Berlin untergebracht, lebte mit zwei Georgiern und einem Russen in einem Zimmer, ertrug nur schwer die Zeit des Wartens und der erzwungenen Untätigkeit. Dann wurde er in ein Lager in den alten Bundesländern gebracht, wo er zu zusammen mit vielen Russen wohnte. Dort hielt er es aus Angst vor einer negativen Entscheidung seines Asylbegehrens aber nicht lange aus, sondern flüchtete nach Berlin, nahm Verbindung zu polnischen Händlern am Brandenburger Tor auf, die er von früher her kannte, ging in den Untergrund und begann, sich als Kleinhändler über Wasser zu halten. Sehr ähnlich verhalten sich viele GUS Bürger, die offiziell mit einer Touristenreise nach Deutschland resp. Berlin einreisen. Mit einem solchen Visum dürfen sie sich maximal 3 Monate in Deutschland aufhalten. Die Aufnahme einer Tätigkeit ist ihnen untersagt. Dennoch beabsichtigen sie, auf jeden Fall länger zu bleiben und suchen intensiv nach einer Verdienstmöglichkeit, um nur nicht "mit leeren Händen" zurückkehren zu müssen. So wie Sergej aus der Ukraine (32 Jahre) denken die meisten GUS Touristen: "Ich habe viel, fast alles, ausgegeben, um als Tourist in die BRD zu kommen. Ich muß wenigstens ein paar Monate hierbleiben, irgendeine Arbeit finden und ein bißchen Geld verdienen." Das heißt, auch als Tourist legal einreisende GUS Bürger befinden sich spätestens nach Ablauf ihres ein bis drei Monate gültigen Visums illegal im Land. Ebenso wie jene, die unmittelbar illegal also ohne Touristenvisum oder Asylantrag einreisen, leben sie in ständiger Furcht, von der Polizei aufgegriffen und ausgewiesen zu werden. Unterkunft finden sie in russischen Kasernen, bei Bekannten (Aussiedlern, sowjetischen Juden, Asylbewerbern), auf Bahnhöfen, schlimmstenfalls in Parkanlagen. (...) Ihren Lebensunterhalt verdienen die Illegalen beispielsweise durch tageweise oder stundenweise Lagerarbeiten bei türkischen Gemüsehändlern, in "Vertretung" von Zeitungsverkäufern, als Straßenmusikanten. Etliche sind als fliegende Händler tätig, verkaufen etwa russische Souvenirs und Gegenstände aus dem russischen Armeebestand. (...) Es wurde immer erfragt, was mit dem erworbenen Geld geschehe. Die meisten antworteten wie Mustufa aus dem Kaukasus (28 Jahre, Souvenirhändler): "Ich nehme am Tag 50 bis 80 Mark ein, ein Teil davon geht weg für die Übernachtung, ein anderer Teils für's Essen, dann brauche ich noch neue Ware. Es bleibt nicht viel übrig, aber andere Ausgaben habe ich nicht." Das heißt, das Geld wird eisern gespart, und selbst relativ unbedeutende Summen werden regelmäßig über zuverlässige Boten in die Heimat weitergeleitet. (...)
 Zukunftsvorstellungen

Trotz der für die Mehrzahl der GUS Migranten bedrückenden Lebensumstände in der Bundesrepublik hoffen die meisten, ihr weiteres Leben in diesem Land verbringen zu können. Dies gilt insbesondere für die Asylbewerber. Auch wenn die meisten inzwischen erfahren haben, daß ihre Aussichten, als "politischer Flüchtling" anerkannt zu werden, relativ gering sind, wird die Hoffnung nicht aufgegeben. "Eine Chance, hier zu bleiben. Ich habe die Gründe genannt, aus denen ich hergekommen bin, und die Behörden müssen entscheiden, ob sie mir diese Chance geben oder nicht. Doch ich hoffe. " (Armenier, 26 Jahre) Neben der Hoffnung, legal bleiben zu können, steht die Hoffnung auf Arbeit und Wohnung und vor allem auf Familienzusammenführung. Denn nach wie vor kommt ein großer Teil der Asylbewerber ohne Familie. Ehefrau und Kinder bleiben oft unter schwierigsten Bedingungen in der Heimat zurück. Wenn die Asylsuchenden auch unmittelbar bei der Antragstellung mündlich und schriftlich davon unterrichtet werden, daß "Familienzusammenführung nicht gestattet" ist, hegt doch jeder den Traum, seine Familie nachholen zu können: "Mein größtes Problem ist meine Familie. Wenn sie hier ist, werde ich es moralisch leichter haben, ich möchte meinen Sohn hier zur Schule schicken und selbst arbeiten. " (Armenier) Auch der überwiegende Teil der sich illegal in der BRD aufhaltenden GUS Bürger möchte längerfristig bleiben. Als einzige Möglichkeit, ihren Aufenthaltsstatus zu legalisieren, sehen sie lediglich die Heirat mit einem deutschen Ehepartner. Deshalb versuchen sie, so lange wie möglich unentdeckt im Untergrund zu leben und so viel Geld zu erwerben, daß sie sich in der Heimat ein Geschäft aufbauen können. Für den Fall, daß sie aufgegriffen und abgeschoben werden, haben sich die; meisten fest vorgenommen, erneut in die BRD einzureisen. Um auf diese Situation vorbereitet zu sein, suchen sie bereits jetzt nach Kontaktpersonen, die ihnen dabei behilflich sein können. Zu diesen Kontaktpersonen gehören vor allem auch Migranten aus anderen Ländern.

Bleiberecht für alle


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